zum Hauptinhalt

Euro-Bonds: Nicht allein die Kanzlerin

Der Streit über die Euro-Bonds dürfte über den EU-Gipfel hinaus anhalten. Aber Eurogruppen-Chef Juncker schien in Brüssel darum bemüht, die Debatte um die umstrittenen Gemeinschaftsanleihen nicht noch weiter anzuheizen.

Eigentlich hätte Jean-Claude Juncker am Donnerstagmittag im Brüsseler Regen die Möglichkeit gehabt, seinem Ärger noch einmal Luft zu machen. Der luxemburgische Regierungschef, der die Einführung europäischer Gemeinschaftsanleihen – so genannter Euro-Bonds – zur Stützung von Krisenstaaten wie Irland und Portugal vorschlägt, war mit dem Vorstoß in Berlin, Paris und zahlreichen anderen EU-Hauptstädten auf taube Ohren gestoßen. Als Juncker nun unmittelbar vor dem EU-Gipfel bei einem Vorabtreffen der konservativen Staats- und Regierungschefs im Brüsseler Vorort Meise ankam, reckten sich ihm zahlreiche Mikrofone entgegen. Schließlich hatte der Eurogruppen-Chef in letzter Zeit mit markigen Formulierungen über fehlende deutsche Teamplayer-Qualitäten in der EU auf sich aufmerksam gemacht. Diesmal enttäuschte Juncker all jene, die erwartet hatten, er werde den Gipfel als Forum für seine Idee nutzen. Juncker betrat das Wasserschloss Bouchout und sagte – nichts.

Der Streit über die Euro-Bonds dürfte wohl auch über das Brüsseler Gipfeltreffen hinaus anhalten. Aber bei dem Spitzentreffen schien Eurogruppen-Chef Juncker darum bemüht, die Debatte um die umstrittenen Gemeinschaftsanleihen nicht noch weiter anzuheizen. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die deutsche Öffentlichkeit zuvor wissen lassen, dass die persönlichen Querelen mit Juncker passé sind. „Jean-Claude Juncker und ich haben ausführlich telefoniert und die Sache längst ausgeräumt“, sagte Merkel der „Bild“-Zeitung. „Wo es um so viel geht, spielen eben auch Emotionen mal eine Rolle.“

Ohnehin konnte die Kanzlerin einigermaßen entspannt zu dem Treffen nach Brüssel fahren. Erstens stehen Beschlüsse zu den Euro-Bonds nicht an. Und zweitens wird Merkel nicht als völlig isolierte „Madame Non“ dastehen, schließlich ist sie mit ihrem Nein zum Juncker-Vorschlag nicht allein. Nachdem sie eine Woche zuvor den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy mit ihrer Ablehnung von Euro-Bonds auf ihre Seite gezogen hatte, war ihr am Vortag des Treffens der österreichische Regierungschef Werner Faymann zur Seite gesprungen.

Und in Brüssel meldeten sich weitere Merkel-Unterstützer. So sagte Schwedens Regierungschef Fredrik Reinfeldt, die deutsche Regierungschefin habe „grundsätzlich recht“, wenn sie von europäischen Gemeinschaftsanleihen nichts wissen wolle. Zwar gehört Schweden gar nicht der Euro-Zone an, aber Reinfeldt unterstützt dennoch die Kanzlerin, die am Vortag im Bundestag noch vor einer Vergemeinschaftung der Risiken gewarnt hatte. Der schwedische Regierungschef gab zu bedenken, dass Euro-Bonds zu einem Anstieg der Zinsen auf Staatsanleihen der solide wirtschaftenden Ländern der Euro-Zone führen würden – ein Grund, warum die Bundesregierung Gemeinschaftsanleihen kritisch sieht.

Auch der Präsident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, erteilte der Idee Junckers eine – wenn auch verklausulierte – Absage. Man solle nicht einzig und allein über Euro-Anleihen als Hilfsinstrument für in Schieflage geratene Staaten reden, sondern über die Stabilität in der Euro-Zone insgesamt, sagte der ehemalige polnische Ministerpräsident. Damit stieß er indirekt auch Sozialdemokraten, Liberale und Grüne im Europaparlament vor den Kopf – sie halten die teilweise Vergemeinschaftung der Anleiherisiken für ein probates Mittel, um der Spekulation gegen einzelne Euro-Staaten Herr zu werden.

Aber auch wenn die Gemeinschafts-Anleihen bei diesem Treffen erst einmal ausgeklammert bleiben, so möchte Merkel doch keinesfalls als kaltherzige deutsche Regierungschefin erscheinen. Schon am ersten Tag des heute zu Ende gehenden Gipfeltreffens brachten die Kanzlerin und ihre europäischen Partner den Euro-Krisenmechanismus unter Dach und Fach, der den bestehenden Rettungsschirm 2013 ersetzen soll. Der permanente Rettungsschirm, sagte die Kanzlerin, sei doch ein „Riesenstück Solidarität unter den Euro-Mitgliedstaaten“. Zwar ist das Finanzvolumen des neuen Rettungsschirms noch unklar, aber eines steht bereits fest: Deutschland dürfte auch ab 2013 den größten Anteil schultern.

Zur Startseite