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Die europäischen Banken sollen stärker kontrolliert werden.

© dapd

Euro-Krise: Wie kann eine europäische Bankenunion aussehen?

Angesichts der dramatischen Lage in Spanien wollen die Europäer die Banken stärker kontrollieren. Wie kann das gehen?

Es steht nicht gut um Spanien. Riesige Kapitallöcher bei der Großbank Bankia machen den Europäern Sorgen – es wird deshalb darüber spekuliert, ob das Land europäische Hilfen in Anspruch nehmen muss. Klar ist: Es soll eine gemeinsame Antwort auf die Krise geben. Unter anderem deshalb gab es am Dienstag eine Telefonkonferenz der G-7-Finanzminister, der Notenbankchefs und der EU-Kommission. Parallel zu den Überlegungen, ob man Spanien unter den europäischen Rettungsschirm drängen sollte, wird europaweit über eine „Bankenunion“ diskutiert.

Was ist eine „Bankenunion“?

Man solle „über die Überschrift noch einmal nachdenken“, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am Dienstag bei seinem Besuch in Brüssel. In einer Europäischen Union, die viele Bürger ohnehin als von Finanzmarktlobbyisten dominiert sehen, von einer „Bankenunion“ zu sprechen, sei vielleicht nicht das Richtige. Deren drei Elemente aber – gemeinsame Aufsicht, Sicherung der Spareinlagen und Abwicklungsmechanismen – „gehören zu den Forderungen, die wir schon eine ganze Weile für richtig halten“, sagte Steinmeier.

Die aktuelle Bankenkrise in Spanien hat in der europäischen Politik somit zu großer Einigkeit geführt. Am Rande eines Treffens zwischen EU-Kommissionschef José Manuel Barroso, der die Union in der Vorwoche vorgeschlagen hatte, und Angela Merkel am Montagabend in Berlin signalisierte auch die Bundeskanzlerin ihre Unterstützung. Man müsse mittelfristig „systemische Banken unter eine spezifische europäische Aufsicht stellen“.

Was ist geplant?

Ein erster großer Schritt auf dem Weg hin zu einem solchen System gemeinschaftlich kontrollierter Banken ist der schon lange überfälligen Gesetzentwurf zur „Crisis resolution“, wie der englische Fachbegriff lautet. Dahinter verberge sich „das wichtigste Gesetz, um der Krise Herr zu werden“, sagt eine hochrangige EU-Beamtin. „Es ist die Keimzelle einer künftigen Bankenunion.“ Dieses wird am heutigen Mittwoch präsentiert. Das Gesetz, das noch von den EU-Regierungen und dem Europaparlament beraten und verabschiedet werden muss, beruht auf drei Säulen – Vorsorge, Aufsicht und Abwicklung. So sollen die 8300 Geldhäuser in Europa verpflichtet werden, nicht nur Pläne für die langfristige Stabilisierung, sondern auch für den Notfall des eigenen Bankrotts vorlegen. Darin soll genau dargelegt werden, wer in welcher Höhe für welche Verluste haftet. Die Szenarien dürfen nicht stillschweigend staatliche Unterstützung einrechnen und müssen sowohl für die Gruppe wie für verschiedene Tochterunternehmen in verschiedenen EU-Staaten regelmäßig aktualisiert werden.

Die Rechte der europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA in London sowie neuer „Kollegien“, in denen alle Aufseher der Länder zusammenkommen, in denen eine akut gefährdete Bank Geschäfte macht, werden mit dem Gesetzentwurf gestärkt. Gerät ein Institut in Schieflage, kann ihm ein Aktionsprogramm, eine außerordentliche Hauptversammlung mit vorgegebener Tagesordnung, ein Umschuldungsplan oder sogar vorübergehend ein neues Management verordnet werden. Hilft auch dies nicht mehr, entscheidet das neue „Abwicklungsgremium“, ob die betreffende Bank „systemisch“ ist, ihre Pleite also ganze Volkswirtschaften zum Absturz bringen kann. Ist dies der Fall wird das Institut nicht in die Insolvenz geschickt, sondern einem neuen europäischen Abwicklungsprozess unterworfen, den es in Deutschland in ähnlicher Form bereits seit dem vergangenen Jahr gibt.

Was soll das Abwicklungsverfahren bringen?

Ziel des sogenannten Bail-In-Verfahrens sei es – so sagt die EU-Kommission mit Hinweis auf die 4,6 Billionen Euro, die die Europäer seit 2008 schon zur Stützung des Bankensektors ausgegeben haben –, „das Geld des Steuerzahlers zu schützen“. Allerdings soll es erst vom Jahr 2018 an greifen, um den Banken die Anpassung an die neuen Umstände zu erleichtern. Die Aufsichtsbehörden wären dann berechtigt, die Ansprüche von Aktionären abzuschreiben. Diese könnten sich zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr verabschieden, um den Staat zahlen zu lassen. Außerdem müssen die Geldhäuser bis dahin ein europäisches Netzwerk von Notfallfonds gefüllt haben, die bei der Pleite einer Bank haften. Die EU-Kommission schlägt ein Prozent der Summe aller garantierten Spareinlagen vor. Dass aber beispielsweise ein in Deutschland gefüllter Notfallfonds für die Verluste eines spanischen Geldhauses einsteht, dürfte zu den umstrittensten Elementen des Gesetzesvorschlags zählen.

Was sagen Banker zu diesen Plänen?

Für Uwe Angenendt, Chef-Ökonom der BHF Bank, ist eine wie auch immer gestaltete Bankenunion ein „mittel- bis langfristiges Thema“ und kein Weg, die Probleme kurzfristig anzugehen. Prinzipiell hält man in Bankenkreisen eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht, eine gemeinsame Einlagensicherung und einen gemeinsamen Stützungs- und Abwicklungsfonds für Banken zwar für überlegenswert. Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger zufolge fehlen aber für alle drei möglichen Bestandteile einer solchen Union die rechtlichen Grundlagen. Auch sei im Übrigen gar nicht wirklich klar, was sich hinter dem Begriff verberge. Sollte es um einen EU-Bankenrettungsfonds gehen, sei dies wohl mit einer Vergemeinschaftung von Risiken verbunden. Dazu müsse es wie in einer Fiskalunion, so Lautenschläger zentrale Kontroll- und Durchgriffsrechte geben. Letztlich müssten EU-Verträge und nationale Gesetze geändert werden, sagt sie. Womit auch für die Bundesbank klar ist, dass eine wie auch immer geartete Bankenunion für die Lösung der akuten Probleme ungeeignet ist.

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