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Angela Merkel und Francois Hollande - es stand schon mal besser um die deutsch-französische Freundschaft.

© dpa / picture-alliance

Euro-Rettung: Die deutsch-französische Achse knirscht

In Brüssel stecken die europäischen Staat- und Regierungschefs den weiteren Fahrplan für die Euro-Rettung ab. Doch das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich ist belastet. Welche Streitpunkte gibt es?

Es gehört zu den Eigenheiten der EU, dass Anspruch und Wirklichkeit gelegentlich gehörig auseinanderklaffen. Das ist gerade in dieser Woche zu besichtigen: Noch am Montag hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatschef Francois Hollande bei der Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU in Oslo zum Zeichen der Verbundenheit ihre Hände gemeinsam in die Höhe gereckt. Beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag geht es wieder um nüchterne Themen wie die Reform der Euro-Zone, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in den Mitgliedsländern – und nicht zuletzt ums Geld. Und bei allen diesen Punkten hakt es in der Achse Berlin – Paris.

Merkel und Hollande hatten also einigen Abstimmungsbedarf, als sie unmittelbar vor dem Gipfel zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammenkamen. Diese Zweier-Treffen waren in der Amtszeit von Hollandes Vorgänger Sarkozy steter Bestandteil der Gipfel-Dramaturgie. Doch seit der Sozialist in den Elysée-Palast eingezogen ist, ist das Verhältnis zwischen beiden Staaten abgekühlt. Hollande fordert anders als Merkel Finanzhilfen im großen Stil für schwächelnde Euro-Staaten, während die Kanzlerin mehr Kontrollen in den Krisenländern einfordert.

Trotz ihrer gegensätzlichen Ansichten zur Lösung der Euro-Krise bemühten sich Merkel und Hollande, den Grundsatzstreit beim Gipfel nicht hochkochen zu lassen. So hieß es aus deutschen Regierungskreisen, zwischen Merkel und Hollande bestehe Einigkeit, dass es bei diesem Spitzentreffen in erster Linie darum gehe, einen gemeinsamen Fahrplan für die nächsten Schritte zu einer besseren wirtschaftspolitischen Koordinierung unter den Euro-Staaten zu finden. Und auch Frankreichs Staatschef freute sich bei seiner Ankunft in Brüssel darüber, dass es Paris und Berlin zuvor gelungen sei, bei der europäischen Bankenaufsicht einen „guten Kompromiss“ zu finden.

Allerdings ist die gesamteuropäische Aufsicht über die Geldinstitute nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer  Bankenunion – und deren Details sind zwischen Deutschland und Frankreich weiter umstritten. So hatte es aus dem Elysée-Palast vor dem Gipfel geheißen, dass in Brüssel auch über die nächsten Etappen der Bankenunion gesprochen werden müsse – etwa direkte Finanzspritzen für die Krisenbanken oder die Einlagensicherungssysteme in den Euro-Staaten. Merkel will sich hingegen nicht mit der strittigen Frage beschäftigen, ab wann die maroden Geldhäuser mit Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm ESM rechnen können – ein Thema, das sie vor der Bundestagswahl ohnehin nicht gebrauchen kann. Die Kanzlerin will sich dagegen der Frage widmen, wie die Wettbewerbsfähigkeit in der Euro-Zone erhöht werden kann. Diesem Zweck sollen „Reformverträge“ zwischen Euro-Ländern und der EU-Kommission dienen, in denen sich die Staaten beispielsweise zu Arbeitsmarkt- und Steuerreformen verpflichten.

Streit gibt es auch über ein eigenes Budget für die Euro-Zone. EU-Ratschef Herman Van Rompuy hatte in der vergangenen Woche eine solche „Fiskalkapazität“ vorgeschlagen, mit deren Hilfen Finanzschocks in den Krisenstaaten ab 2014 abgefedert werden könnten. Während Hollande als Befürworter gilt, hält Merkel nichts davon, einen neuen Geldtopf aufzumachen.

Wie aus dem Entwurf des Gipfel-Abschlussdokuments hervorgeht, ist auch eine Änderung der EU-Verträge für eine langfristige Reform der Euro-Zone nach der Europawahl 2014 nicht ausgeschlossen. Auch in diesem Punkt herrscht keineswegs Einigkeit zwischen Berlin und Paris.

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