zum Hauptinhalt

Euro-Schuldenkrise: EZB will unbegrenzt Anleihen kaufen

Bundesbank-Präsident Weidmann stimmte im EZB-Rat als einziger dagegen und Kanzlerin Merkel reagierte zurückhaltend.

Im Kampf um den Euro will die Europäische Zentralbank (EZB) trotz heftiger Kritik aus Deutschland Krisenländer mit dem unbegrenzten Aufkauf von Staatsanleihen stützen. Das kündigte EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag nach einer Sitzung des EZB-Rats in Frankfurt am Main an. Draghi sprach von einem „effektiven Schutzschild“ für die Euro-Zone gegen die Stürme an den Märkten. Der deutsche Leitindex Dax reagierte mit Kursgewinnen. Den Leitzins beließen die Währungshüter unverändert bei 0,75 Prozent. Damit entschieden sie sich gegen eine abermalige Zinssenkung, die von einigen Beobachtern erwartet worden war.

Das neue Kaufprogramm wurde vom 22-köpfigen EZB-Rat gegen den alleinigen Widerstand von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann beschlossen, der darin einen Verstoß gegen das Verbot einer Staatsfinanzierung durch die unabhängige EZB sieht. Länder wie Luxemburg, Niederlande oder Finnland, die bislang meist an der Seite Deutschlands standen, opponierten offensichtlich nicht.

Der Kauf von Staatsanleihen soll zwar weder zeitlich noch in der Höhe beschränkt werden, dennoch soll es strenge Bedingungen geben, betonte Draghi. So müsse ein Land, dessen Anleihen gekauft werden, zuvor unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen. Das sei nötig, um sicherzustellen, dass die Intervention an Vorgaben – etwa die Sanierung der Staatsfinanzen – geknüpft wird. Zudem will die Notenbank nur Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren kaufen. Damit soll der Vorwurf entkräftet werden, dass die EZB verbotenerweise eine indirekte Staatsfinanzierung betreibe.

Video: EZB will Staatsanleihen kaufen - ohne Limit

Ein erster Kandidat für das neue Anleiheprogramm könnte Spanien sein, das Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag besuchte. Merkel reagierte in Madrid zurückhaltend auf den Beschluss der EZB. Solche Maßnahmen könnten politische Aktivitäten in der Währungsunion „nicht ersetzen“, sagte sie am Donnerstag nach einem Gespräch mit dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler forderte, jetzt „schnellstmöglichst“ Bedingungen für die einzelnen Länder festzulegen. Fraktionschef Rainer Brüderle hatte zuvor jedoch ausdrücklich vor dem Kauf von Anleihen gewarnt.

Der Beschluss der EZB dürfte die Ängste der Deutschen vor der Finanzkrise weiter verstärken. Schon jetzt glauben 73 Prozent der Bürger, dass der deutsche Steuerzahler für die Folgen der Krise zahlen muss, ergab eine neue Studie der R+V Versicherung. Zwei Drittel fürchten um den Euro. mit rtr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false