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Gesprächsbedarf. FDP-Chef Guido Westerwelle (Mitte) und der Generalsekretär der Liberalen, Christian Lindner (links), diskutieren in Berlin mit EU-Währungskommissar Olli Rehn über den Euro-Rettungsschirm.

© dapd

Euro-Schuldenkrise: FDP zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Die FDP will den Rettungsschirm nicht verstärken – genau darauf könnte es jedoch hinauslaufen. Daran wird auch ein "Beschluss" der Liberalen nichts ändern.

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Wer dieser Tage etwas über die Regierungspartei FDP und ihre Europapolitik erfahren will, kommt nicht umhin, sich mit der liberalen Definition des Begriffes „Beschluss“ zu befassen. Denn wo andere Parteien im Bundestag normalerweise mit Beschlüssen ihrer Führungsgremien den Kurs in Sachfragen festlegen, da eiert die FDP in ihrer Haltung zur Rettung des Euro ziemlich herum.

Konkret geht es um den Rettungsschirm von 750 Milliarden Euro, den die EU und der Internationale Währungsfonds zur Unterstützung klammer Mitgliedsstaaten aufgespannt haben. Den größten Anteil am Schirm – 440 Milliarden Euro – tragen die Euro-Länder. Mit ihren anteiligen Garantiezusagen sichern sie Kredite ab, die der Schirm hilfsbedürftigen Ländern zur Verfügung stellen soll. Zwar wird die volle Kreditsumme im Augenblick nicht benötigt. Seit Wochen weisen EU-Politiker aber darauf hin, dass nur ein Teil der Garantiegeber, nämlich die finanzstarken Euro-Länder, bei den Finanzmärkten als zahlungssicher gelten. Für den Schirm insgesamt ergibt sich daraus das Problem, dass er im Zweifel die volle Kreditsumme, also 440 Milliarden Euro, nicht zur Verfügung stellen könnte. An der Spitze der EU-Politiker, die deshalb für eine Verstärkung des Schirms plädieren, steht EU-Kommissionschef José Manuel Barroso, der sich am Dienstag mit Kanzlerin Angela Merkel zum Abendessen in Schloss Meseberg traf.

Wie es aussieht, wird auf die Bundesregierung die Notwendigkeit, den deutschen Kreditanteil am Schirm zu erweitern, in welcher Form auch immer, unweigerlich zukommen. Die Frage ist nur noch, unter welchen Bedingungen dies geschehen wird. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zuletzt seine prinzipielle Zustimmung zur Erweiterung gegeben, sofern auch die Euro-Zone dauerhaft stabilisiert wird. Klar ist aber auch, dass eine Erweiterung des deutschen Garantierahmens vom Bundestag beschlossen werden muss. Und da kommt die FDP wieder ins Spiel. Denn als Koalitionspartei tut sich für sie zurzeit ein tiefer Graben auf: zwischen der liberalen Grundhaltung im Prinzip und der Notwendigkeit, die EU-Politik der schwarz-gelben Regierung insgesamt zu tragen.

Die grundsätzliche Abneigung der Liberalen gegen eine Änderung des bestehenden Euro-Rettungsschirms bekam am Dienstag in Berlin der EU-Währungskommissar Olli Rehn zu spüren. Vor der FDP-Bundestagsfraktion sprach sich der finnische EU-Kommissar dafür aus, den Rettungsschirm so umzugestalten, dass der Anteil der Euro-Länder in Höhe von 440 Milliarden Euro auch tatsächlich ausgeschöpft werden könnte. Dies stieß aber nach Teilnehmerangaben bei der Fraktion auf Kritik; mit einer Verstärkung des Schirms werde den Finanzmärkten suggeriert, dass nach Griechenland und Irland demnächst auch andere Euro-Staaten eine Hilfe der EU in Anspruch nehmen könnten, monierten FDP-Abgeordnete.

Ähnlich eindeutig schien sich die FDP-Fraktion bereits am Dienstag der vergangenen Woche positioniert zu haben. „Einstimmig“ habe die FDP erkannt, dass die Aufgabe, Funktionsweise und das Volumen des 440-Milliarden-Euro-Rettungsschirms „keiner Änderung“ bedürften, ließ nach jener Sitzung der Fraktion der Finanzpolitiker Hermann Otto Solms wissen. Jede Art der Nachfinanzierung öffne einer Finanzierung europäischer Schulden durch deutsche Steuerzahler Tür und Tor. Das war sehr eindeutig, und Teilnehmer der Sitzung erinnern sich, dass die anwesenden Abgeordneten dieser liberalen Grundhaltung des „Nichtalimentierens“ der Schuldenpolitik anderer Länder auf breite Zustimmung gestoßen ist. Nur sehr zurückhaltend habe auch der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle die Fraktionäre vor einem solchen Beschluss gewarnt. Schließlich könnte eine so deutliche Ablehnung der FDP für weitere Rettungsmittel schon Ende März im krassen Widerspruch zu den Zusagen der Kanzlerin im EU-Rat stehen.

Im Gespräch mit den Koalitionsspitzen hat sich die FDP-Führung später offenbar nicht mehr an den Beschluss erinnern wollen. Glaubt man Minister Schäuble, dann müssen Westerwelle, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, aber auch Fraktionschefin Birgit Homburger direkt nach dem Fraktionsbeschluss ins Unionslager hinein signalisiert haben, dass sie durchaus bereit seien, eine Aufstockung der deutschen Garantieanteile mitzutragen. Über den Grundsatzbeschluss von vergangener Woche heißt es übrigens jetzt in der FDP-Führung, er sei gar kein richtiger Beschluss gewesen. Formal hätten dazu die Abgeordneten ein Papier in Händen haben müssen. Das habe aber „aus technischen Gründen“ nicht vorgelegen.

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