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Europa: Bundesrat billigt EU-Vertrag - Berlin enthält sich

Der EU-Vertrag von Lissabon zur Reform der europäischen Institutionen hat in Deutschland die letzte parlamentarische Hürde genommen. Mit Ausnahme von Berlin stimmten am Freitag im Bundesrat alle Bundesländer zu.

Krise abgewendet: Unter dem Druck der Linken entschied sich der Regierende Bürgermeister der Hauptstadt, Klaus Wowereit, in letzter Minute für eine Enthaltung. Damit vermied der SPD-Politiker eine Koalitionskrise in seinem rot-roten Regierungsbündnis. Die Partei Die Linke lehnt den Lissabon-Vertrag strikt ab.

Mit dem neuen Abkommen, das der Bundestag im vergangenen Monat bereits mit fast 90 Prozent der Stimmen gebilligt hatte, enthält die Europäische Union (EU) zusätzliche Kompetenzen. Zugleich wird sie auf eine demokratischere Grundlage gestellt. Bisher haben 13 der insgesamt 27 EU-Staaten den Vertragstext rechtskräftig beschlossen. Damit er auch in Deutschland als ratifiziert gilt, muss jetzt noch Bundespräsident Horst Köhler unterschreiben.

Wowereit enthält sich

Das will der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht verhindern. Sie ging am Freitag bei dem Gericht in Karlsruhe ein. Gauweiler sieht im Lissabon-Vertrag eine Entmachtung der Abgeordneten. Er hatte auch im Bundestag dagegen gestimmt. In Kraft treten soll die Neuregelung im nächsten Jahr.

Wowereit überließ es seiner Justizsenatorin Gisela von der Aue (ebenfalls SPD), die Enthaltung auszusprechen. Diese wurde als Nein-Stimme gewertet. Der Regierende Bürgermeister sagte anschließend: "Damit hat (Linke-Chef) Oskar Lafontaine selber den Beweis geliefert, dass die Linke nicht regierungsfähig und -willig ist." Der Berliner CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger sprach von einem "schweren Schaden für das Selbstverständnis, das politische Gewicht und das Image Berlins". Die anderen 15 Bundesländer stimmten für den Vertrag.

Appell an Berlin

Vor der Entscheidung hatte Hessens Europaminister Volker Hoff (CDU) an Wowereit appelliert, die symbolisch wichtige Zustimmung der Hauptstadt zum EU-Grundlagenvertrag zu sichern. Die Linke argumentiere "mit streng nationalistischen Tönen". Der SPD- Bürgermeister müsse verhindern, dass "eine europafeindliche Stimmung Regierungspolitik wird". Die Linke bezeichnet den EU-Vertrag als unsozial, militaristisch und bürgerfeindlich.

Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) begrüßte die Stärkung der Rechte von Bundestag und Bundesrat in EU-Angelegenheiten. Die Bürger wollten allerdings keinen "europäischen Superstaat" mit der Verlagerung von zu viel Kompetenzen an die EU. Eine Erklärung Bayerns, dass die EU kein Bundesstaat werden dürfe und die Mitgliedsländer die letzte Rechtskompetenz behalten müssten, fand allerdings keine Mehrheit.

Mit dem Grundvertrag erhält die EU 2009 einen Ratspräsidenten, der für zweieinhalb Jahre gewählt wird. Außerdem wird es einen gemeinsamen Verantwortlichen für die EU-Außenpolitik, häufigere Mehrheitsentscheidungen und die Möglichkeit eines Volksbegehrens geben. (dm/dpa)

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