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Europa-Gerichtshof: Türkei wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilt

Wegen des Todes eines früheren Kurdenführers und der Folterung von zwei angeblich Linksextremen ist die Türkei vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu mehreren Schmerzensgeldzahlungen verurteilt worden.

Straßburg - Mehr als 14 Jahre nach dem Mord an einem Kurdenführer hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte der Türkei einen Verstoß gegen das Recht auf Schutz des Lebens vorgeworfen. Den drei Kindern des Opfers muss die türkische Regierung insgesamt 25.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Außerdem wurde Ankara wegen Folter an zwei Linksoppositionellen verurteilt, die heute in Deutschland leben. Sie sollen zusammen 50.000 Euro Schmerzensgeld erhalten.

Der erste Fall betrifft den gewaltsamen Tod des Schriftstellers, Mitbegründers der pro-kurdischen Partei HEP und Mitbegründers der pro-kurdischen Volkspartei, Musa Anter. Er war im September 1992 in der osttürkischen Stadt Diyarbakir bei einem Festival mit fünf gezielten Schüssen getötet worden. In den Augen seiner Kinder wurde er Opfer einer "außergerichtlichen Hinrichtung". Diesem Vorwurf schloss sich der Gerichtshof für Menschenrechte nicht an. Die Straßburger Richter werfen Ankara aber vor, den Mann nicht geschützt zu haben, obwohl der damalige Direktor des Kurdeninstituts von Istanbul mehrere Morddrohungen erhalten hatte. Außerdem habe die Türkei keine wirksamen Ermittlungen geführt, so dass der Täter nie zur Verantwortung gezogen worden sei.

Über Tage hinweg gefoltert

Im zweiten Fall hatte ein heute 35 und 37 Jahre altes Paar geklagt, das im Januar 1994 wegen angeblicher Zugehörigkeit zu einer linksextremen Partei festgenommen und mehrere Tage in Polizeigewahrsam gehalten wurde. Die heute in Köln lebenden Türken wurden nach eigenen Angaben über Tage hinweg gefoltert, unter anderem mit stundenlangem Aufhängen an den Armen, Stockschlägen auf die Fußsohlen und starken Wasserstrahlen auf die Genitalien. Ein Gefängnisarzt stellte später schwere Blutergüsse, Schwellungen und offene Wunden fest. Außerdem konnten der junge Mann und seine Frau ihre Arme und Schultern nicht richtig bewegen. Ihre Klagen gegen die vier beteiligten Polizisten blieben dennoch ohne Erfolg: Die Beamten wurden mangels Beweisen freigesprochen.

Das Paar wurde hingegen 1997 wegen Zugehörigkeit zu einer illegalen Vereinigung zu jeweils zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Im Jahre 2000 nahmen die beiden im Gefängnis an einem Hungerstreik teil und erkrankten schwer. Schließlich wurden sie vom türkischen Präsidenten begnadigt. Im Jahr 2003 zogen sie nach Deutschland und beantragten politisches Asyl. (tso/AFP)

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