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Kulturviertel "Saadiyat Island" in Abu Dhabi

© dpa

Europa Off-Shore?: Der Aufstieg des Nahen Ostens

Dubai und Abu Dhabi werden zu neuen Schnittpunkten der Weltkultur.

Die Veranstaltung wird sich zunächst mit den architektonischen und städtebaulichen Visionen in den Golfstaaten angesichts der gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Krisen beschäftigen. Dabei stehen Dubai und Abu Dhabi allerdings auch als Chiffren für die neuen crossroads der Weltkultur, die in den letzten Jahren ausschließlich außerhalb des „Westens“ entstanden sind. Das Phänomen, dass die neuen Zentren der Weltkultur heute an der ehemaligen Peripherie des Westens entstehen, wirft natürlich die Frage auf, welche Bedeutung „westliche Kultur“ für Asien und die arabische Welt überhaupt noch spielt. Ist der Wettlauf europäischer Museen und Kulturinstitutionen am Golf Anzeichen einer neuen Konvergenz zwischen Ost und West oder Ausdruck der Angst, dass die westliche Kultur ihre weltweite Leitfunktion bereits eingebüßt hat?

Das Bild vom Aufstieg des Ostens spiegelt auf wunderbare Weise eine Idee des Historikers Fernand Braudel wider, der in seinem bahnbrechenden Werk darstellte, wie kulturelle Zentren sich in langen Zeitabläufen gleich Kontinenten verschieben. So wie er beschrieb, dass sich im 15. und 16. Jahrhundert das Zentrum vom Mittelmeer zum Atlantik verschob, können wir heute nach einer lang anhaltenden Vorherrschaft westlicher Kunst den Aufstieg des Ostens beobachten.

Die Zukunft des Museums im Nahen Osten ist ein großes Thema – genauso wie die Länder, Kulturen und Religionen, die sie einschließen. Vielen Problemen, denen sich Museen in dieser Region stellen müssen, begegnen auch andere Kunsteinrichtungen in der Welt: die divergierenden Interessen zwischen öffentlicher und privater Förderung, eine zunehmende gesellschaftliche Kontrolle und Einschränkung der Meinungsfreiheit durch religiöse Gruppen oder Regierungen, die Kluft zwischen künstlerischer Erfindungskraft und den Erwartungen des Publikums etc. Weitreichende Phänomene wie die Verwandlung von geistiger in politische Macht, sich verändernde geopolitische Situationen und explosive demografische Entwicklungen, die Zementierung sozialer Ungerechtigkeiten und geschlechtlicher Benachteiligungen machen die Probleme noch komplexer und schwieriger. In diesem Zusammenhang darf die Bedeutung der Diasporas für die inhaltliche Ausrichtung und das Überleben von Kunsteinrichtungen nicht unterschätzt werden. Eine Vielzahl Intellektueller und Künstler haben in den letzten Jahrzehnten in unterschiedlichen Regionen eine neue Heimat gefunden, und ihr Beitrag zu dem dortigen Kulturleben ist genauso wichtig wie ihre Rolle im globalen kulturellen Dialog zwischen Ost und West. Gerade der Nahe Osten erlebt heute einen historischen Umbruch, dessen Auswirkungen sich in der ganzen Welt bemerkbar machen. Wenn diese Gesellschaften eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen erreichen wollen, müssen sie verstehen lernen, wie diese Veränderungen die kulturellen Landkarten und das künstlerische Schaffen beeinflussen genauso wie sie ihre Geschichte, ihr kollektives Gedächtnis und ihr geistiges Leben prägen werden.

- Sonntag, 1. Februar, 11 Uhr
Staatsoper Unter den Linden (Deutsch / Englisch). Begrüßung durch Christina Weiss, Vorsitzende des Kuratoriums der Allianz Kulturstiftung

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