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Verlierer trifft Gewinnerin: China – hier Ex-Premier Wu – wird mehr denn je kritisch gesehen. Merkel verliert Sympathien, aber weniger als viele EU-Politiker. Foto: Peer Grimm/pa-dpa

© picture-alliance/ dpa

Politik: Europa steigt auf, China ab

Auch Amerikaner wollen eine starke Führungsrolle der EU – das zeigt eine transatlantische Umfrage Merkel verliert Ansehen in Mittelmeerländern, aber ihr Krisenmanagement kommt noch immer gut an.

Amerikaner und der Europäer haben eine anhaltend hohe Wertschätzung füreinander und halten sich gegenseitig für die wichtigsten Partner weltweit. Dagegen sinken das Ansehen Chinas und Russlands und auch die Erwartung, dass sie eine dominierende Rolle in der Welt von morgen spielen werden. Mehrheiten in den USA und Europa halten eine Führungsrolle Pekings und Moskaus auch nicht für wünschenswert. Das sind die Ergebnisse von „Transatlantic Trends 2013“, einer jährlichen Studie, in der der German Marshall Fund (GMF) seit 2002 die öffentliche Meinung auf beiden Seiten des Atlantiks untersucht. 2013 wurden Bürger in den USA, elf EU-Staaten und der Türkei befragt, im Zeitraum von März bis Ende Juni. Zeitlich wurden die Reaktionen auf die NSA-Abhöraffäre in den ersten Wochen gerade noch mit erfasst, entfalteten aber wohl nicht volle Wucht. Auffallend gesunken ist die Bereitschaft zu militärischen Interventionen unter Amerikanern wie Europäern.

55 Prozent der Europäer wünschen sich eine starke Führungsrolle der USA in der Welt. 70 Prozent haben ein positives Bild von den USA; freilich variiert die Zustimmung in einzelnen EU-Staaten. Bei den Deutschen ist der Wunsch nach einer starken Rolle der USA mit 82 Prozent am höchsten. Auch bei der positiven Bewertung von US-Präsident Obama (76 Prozent) liegen sie mit den Niederlanden und Italien an der Spitze. Gelitten hat das Amerika-Bild dagegen in Spanien – die Zustimmung sank seit 2012 um zehn Prozentpunkte auf 62 Prozent. Umgekehrt wünschen sich 57 Prozent der Amerikaner eine starke Führungsrolle der EU.

Immer negativer werden Russland und China gesehen. 46 Prozent der Amerikaner lehnen eine internationale Führungsrolle Moskaus ab, in Europa sogar 65 Prozent. In Deutschland ist das Russland-Bild mit 74 Prozent Ablehnung am negativsten. 2013 fragte der GMF erstmals nach der Meinung zu einer Führungsrolle Chinas. Für nicht wünschenswert halten sie 47 Prozent der Amerikaner und 65 Prozent der Europäer. Auch hier liegen die Deutschen mit 71 Prozent Ablehnung an der Spitze.

Positiver ist die Einstellung zu anderen aufsteigenden Mächten. Auf die Frage, ob sie Indien, Brasilien und Indonesien eher mit Chancen für die eigene Wirtschaft oder mit Gefahren für die eigenen Arbeitsplätze verbinden, entschieden sich 64 Prozent der Europäer und sogar 71 Prozent der Deutschen für die positive Deutung. In China dagegen sehen 46 Prozent der Europäer und 62 Prozent der Amerikaner mehr eine wirtschaftliche Gefahr als eine Chance.

Euro- und Wirtschaftskrise haben nach wie vor großen Einfluss auf die nationalen Stimmungsbilder. 65 Prozent der Europäer und 75 Prozent der Amerikaner sagen auch 2013 noch, sie seien persönlich betroffen von den Folgen. Innerhalb der EU spaltet sich das Bild jedoch. In Nordländern wie Deutschland, den Niederlanden und Schweden fallen die Bewertungen deutlich positiver aus als in Südländern wie Italien, Portugal und Spanien. Auch in Frankreich ist die Stimmung gedämpft. Zugleich genießt die deutsche Europapolitik gutes Ansehen, und zwar auch in Krisenländern. Europaweit bescheinigen 47 Prozent Kanzlerin Merkel gutes Krisenmanagement, über die EU sagen dies nur 43 Prozent. In Ländern, die am stärksten vom deutschen Drängen auf Reformen und Einsparungen betroffen sind, ist die Zustimmung zu Merkel zwar stark gesunken, liegt aber in vielen Fällen immer noch über der Zustimmung der jeweiligen Bürger zur eigenen Regierung.

Trotz des Leidensdrucks sagen 57 Prozent der Europäer, die Mitgliedschaft in der EU nütze ihrer nationalen Wirtschaft. Auch hier zeigt Deutschland mit 71 Prozent den höchsten Wert. Schlusslicht ist Großbritannien mit 40 Prozent.

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