zum Hauptinhalt
Innereuropäische Grenzkontrollen: Bis zu zwei Jahren kann das Schengen-Abkommen theoretisch ausgesetzt werden.

© Pascal Guyot/AFP

Europa und die Flüchtlinge: EU-Innenminister diskutieren erstmals die Aussetzung von Schengen

Angesichts der Flüchtlingskrise könnte das Abkommen über die innereuropäischen Grenzkontrollen für Jahre ausgesetzt werden.

Die steigenden Flüchtlingszahlen bringt die Europäische Union immer stärker in Bedrängnis. Erstmals diskutierten die EU-Innenminister am Freitag darüber, das Schengen-System des Reisens ohne innereuropäische Grenzkontrollen auszusetzen. Diplomaten rechneten zwar nicht mit einem Beschluss, aber doch mit einem Prüfauftrag an die EU-Kommission, die einen solchen Vorschlag offiziell unterbreiten müsste.

Die Möglichkeit einer zweijährigen Pause existiert im EU-Recht seit 2013. Als „letztes Mittel“ sieht Artikel 26 des Schengener Grenzkodex vor, dass Mitgliedstaaten sechs Monate lang wieder die Grenzen kontrollieren und diese Maßnahme bis zu drei Mal um sechs Monate verlängern können. Bedingung ist die Feststellung der Kommission, dass ein Land trotz Hilfe die Außengrenze nicht effektiv sichern kann.

Drohung Richtung Griechenland

Dass der Luxemburger Ratsvorsitz dies – auch auf Berliner Drängen hin – diskutieren ließ, wurde daher als Drohung in Richtung Griechenland verstanden, das seine Zusagen zum Ausbau von Registrierungszentren bisher nicht erfüllt. „Die Ungeduld mit Athen ist riesig“, sagte ein EU-Diplomat, der die Debatte als „Schreckschuss“ bezeichnete. Gäbe es wieder Kontrollen innerhalb der EU, würden wohl mehr Flüchtlinge als bisher in Griechenland bleiben. Der Druck geht aber auch an die Adresse der Osteuropäer, die vom freien Reisen profitieren, aber keine Flüchtlinge aufnehmen wollen. „Uns läuft die Zeit davon“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Brüssel.

Das gilt aber auch für Deutschland, das selbst Grenzkontrollen eingeführt hat, was in einem ersten Schritt bis zu sechs Monate lang möglich ist. Diese Maximaldauer läuft im März ab, und die Luxemburger Präsidentschaft befürchtet, dass es ohne eine bis dahin gefundene Regelung für die Zeit danach zum Kollaps der Schengen-Systems kommen könnte: „Wir wollen niemandem drohen, sondern Schengen retten.“

Einig bei Fluggastdaten

Während die Runde beim Migrationsthema blockierte, einigte sie sich bei der Speicherung von Fluggastdaten, die im Anti-Terror-Kampf neue Hinweise liefern sollen. Die Minister akzeptierten nach langem Streit einen Kompromiss mit dem EU-Parlament, das erst grundsätzlich die Verhältnismäßigkeit angezweifelt hatte, später aber nur noch auf mehr Datenschutz pochte. Nun werden Passagierdaten auch auf innereuropäischen Flügen sechs Monate lang vorrätig gehalten und danach in anonymisierter Form fünf Jahre gespeichert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false