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Zwei österreichische Soldaten patrouillieren in Spielfeld an der Grenze zu Slowenien.

© dpa

Europäische Flüchtlingspolitik: Österreich hält Panzer und Spezialtruppe bereit

Die Auseinandersetzungen zwischen Österreich und Griechenland über die Flüchtlingspolitik nehmen zu. Zugleich verschärft Wien mit 450 kampferprobten Polizisten und Soldaten die Sicherung der Grenze zu Slowenien.

Die Dynamik der Flüchtlingskrise, die Österreich in den vergangenen Wochen verstärkt hat, führt jetzt zu Brüchen mit den anderen betroffenen Ländern, vor allem mit Griechenland. Athen ist erbost über die Beschlüsse der Westbalkan-Konferenz, an der am Mittwoch neun Staaten, darunter mehrere Nicht-EU-Mitglieder, eine restriktivere Behandlung der Migranten auf der Balkanroute beschlossen hatten. Griechenland war nicht eingeladen, weil, so Österreichs Außenminister Sebastian Kurz, Athen „zuvor nur an einem Weitertransport der Flüchtlinge interessiert war“.

Die griechische Regierung hatte noch am Mittwoch ihre Botschafterin aus Wien abberufen, am Freitag lehnte sie den angefragten Besuch der österreichischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ab, ein innerhalb der EU äußerst ungewöhnlicher Schritt. Der griechische Vizeaußenminister Nikos Xydakis nannte ihn „Verteidigungstaktik“ gegen „feindselige und aggressive Aktionen wie das Schließen von Grenzen“. Das Drängen Österreichs und der Westbalkan-Staaten auf einen Stopp des Flüchtlingsstroms von Griechenland nach Norden bedeute eine „De-facto-Abschaffung“ des Schengener Abkommens.

In Wien nimmt man die griechische Reaktion demonstrativ gelassen. Österreich könne „die Anspannung in Griechenland nachvollziehen“, nachdem der Druck gestiegen sei, dass es an einer Eindämmung des Flüchtlingsstroms mitwirke, hieß es in einer Stellungnahme des Außenministeriums. Auch Mikl-Leitner legte nach: „Ich sage offen und ehrlich, wenn Griechenland immer wieder betont, dass es nicht möglich ist, die Außengrenze zu schützen, muss man sich fragen, ob dort letztlich auch die Schengen-Grenze sein kann.“ Den diplomatischen Eklat sieht sie als Zeichen, dass „offensichtlich Bewegung hineinkommt“. Die Innenministerin kündigte zusätzliche „harte Maßnahmen“ an, sollte beim EU-Sondergipfel am 7.März keine Einigung erreicht werden – ohne konkreter zu werden.

Kanzler Werner Faymann spricht von einem nationalen Schulterschluss

Kanzler Werner Faymann sprach vom „nationalen Schulterschluss“, die Regierung werde „in absoluter Geschlossenheit in Europa auftreten“. Österreich müsse selbst aktiv werden, weil die bevorzugte europäische Lösung nicht rechtzeitig zustande komme. Man stehe „massiv unter Kritik von Griechenland und von Deutschland, weil es für diese Länder bequemer wäre, wenn wir alle Flüchtlinge nehmen“.

Dass der Wille der österreichischen Regierung zu weiterer Verschärfung des Grenzregimes keine leere Drohung ist, zeigen die Vorbereitungen auf einen massiven Flüchtlingsansturm am Grenzübergang Spielfeld, zu dem derzeit Slowenien alle Flüchtlinge bringt. Das seit zehn Tagen dort von den österreichischen Behörden errichtete „Grenzmanagement“ beinhaltet die genaue Kontrolle und die Entscheidung, was mit den Ankommenden passiert: Pro Tag werden bis zu 80 Asylantragsteller in Österreich aufgenommen und bis zu 3200 Asylantragsteller nach Deutschland weitergeleitet, alle anderen abgewiesen. Weil Slowenien, Serbien und Mazedonien seither eine Vorauslese vornehmen und keine Migranten aus Afghanistan oder Nordafrika weiterlassen, wurden diese seit zwei Wochen gültigen Kontingente in Spielfeld noch nie erreicht.

Da Slowenien aber darauf drängt, die Grenzen wieder völlig zu öffnen, bereitet sich Österreich auch auf diesen schwierigen Fall vor. Vor Ort stehen 450 kampferprobte Polizisten und Soldaten bereit, sie sind mit vollem Körperschutz ausgerüstet und bewaffnet. Es sind vor allem Beamte, die in der EU-Friedenstruppe im Kosovo Erfahrungen im Niederschlagen gewaltsamer Demonstrationen gesammelt haben.

Insbesondere ist man in Spielfeld auf die schon im Herbst von den Flüchtlingen angewandte Taktik vorbereitet, bei der organisierte junge Männer Frauen und Kinder vorschieben und damit starken Druck ausüben. Diese Vorfälle mit verletzten Flüchtlingen und überrannten Grenzpolizisten waren der Hauptanlass für die Errichtung des „Grenzmanagements“. Auch zwei Radpanzer des Bundesheeres mit breiten Räumschaufeln stehen bereit, um notfalls Barrikaden zu beseitigen. Für Verstärkung ist ebenfalls vorgesorgt, wie ein Bundesheer-General dem „Kurier“ erklärte: In Klagenfurt stehen weitere 200 Soldaten in Bereitschaft. Sie können mit Hubschraubern rasch abgesetzt werden und auch die „grüne Grenze“ sichern.

Inzwischen wird auch klarer, wie das Grenzmanagement am wichtigsten Übergang nach Italien demnächst aussehen wird. Österreich wird mehrere Fahrspuren mit 30-Stundenkilometer-Sicht-Überwachung einführen, um den Verkehr nicht so stark zu behindern, wie es zum Beispiel die bayerischen Grenzpolizisten mit meist nur einer geöffneten Spur am Walserberg bei Salzburg tun. Auf der Brenner- Bundesstraße und in den Zügen sollen die Kontrollen dichter sein, auch ein Grenzzaun am Brennerpass ist geplant.

Reinhard Frauscher

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