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Schäuble will eine stärkere Stellung für den EU-Währungskommissar.

© dpa

Europäische Integration: Berlin will ein neues Europa

Finanzminister Schäuble will größere Schritte in Richtung einer Fiskalunion machen und dafür den Währungskommissar und das EU-Parlament stärken. Die Chancen für eine so grundlegende Reform glaubt er in der Krise am größten. Doch die Kanzlerin ist noch vorsichtig.

Kurz vor dem EU-Gipfel dringt die Bundesregierung auf umfassende Weichenstellungen für eine tiefere Integration zumindest der Euro-Staaten. „Wir müssen jetzt größere Schritte in Richtung einer Fiskalunion machen“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er forderte Eingriffsrechte des EU-Währungskommissars in nationale Haushalte und eine neue Arbeitsweise des Europäischen Parlaments. Noch in diesem Jahr solle der Beschluss über eine EU-Vertragsänderung fallen. Schäuble ging mit seinen Äußerungen auf dem Rückweg seiner Asien-Reise deutlich weiter als die Vorschläge, die die Spitzen von EU-Kommission, EU-Rat, Europäischer Zentralbank (EZB) und Euro-Gruppe für den EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel vorgelegt haben. In der Krise seien die Chancen für grundlegende Reformen am größten, sagte Schäuble.

Berlin bereitet seit Wochen weitreichende Vorschläge für eine engere Zusammenarbeit der 17 Euro-Länder in der fiskalischen, aber vor allem der wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit vor. Kanzlerin Angela Merkel hat dabei mehrfach für verbindlichere Absprachen geworben, zugleich aber betont, die Reformen müssten für alle 27 EU-Staaten offen sein. „Wir wollen die EU nicht spalten. Alles wird so gemacht, dass jeder mitmachen kann, der sich an zusätzlichen Maßnahmen beteiligen will“, betonte Merkel am Dienstag auf dem Deutschen Arbeitgebertag.

Schäuble hat seine Vorschläge nach eigenen Angaben bereits seinen europäischen Kollegen vorgestellt. Der EU-Währungskommissar soll demnach eine stärkere Stellung erhalten – vergleichbar der, die heute schon der Wettbewerbskommissar innehat. Der Währungskommissar soll die Etats der Euro-Länder überwachen und das Recht erhalten, die Haushalte der einzelnen Staaten an die nationalen Parlamente zurückzuweisen. Dazu soll es kommen, wenn der Währungskommissar der Meinung ist, dass zu wenig gespart wird. Der Schäuble-Vorschlag würde das Budgetrecht der einzelnen Parlamente einschränken. Auch soll der Währungskommissar allein Defizitverfahren wegen Verstößen gegen den Stabilitätspakt einleiten können. Bisher bringt zunächst die gesamte EU-Kommission Verfahren gegen Defizitsünder auf den Weg.

Schäuble plädiert außerdem für klare Strukturen im Europäischen Parlament. Er regt an, dass bei Entscheidungen zur Euro-Zone nur die Ländervertreter entscheiden, die zur Euro-Zone gehören. Bisher haben alle Abgeordneten dieselben Stimmrechte. „Das Parlament wird durch ein flexibles Stimmrecht gestärkt“, sagte der Unionspolitiker. Er betonte, seine Ideen mit Merkel abgesprochen zu haben, fügte aber hinzu: „Die Kanzlerin ist noch etwas vorsichtiger als ich.“ Er mahnte, man müsse das Momentum nutzen, das es durch die Arbeit am Griechenland-Problem gebe. Schließlich dürfe es in Sachen Griechenland nicht wieder nur um eine Kurzzeit-Lösung gehen. „Wir brauchen eine dauerhafte Lösung.“

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