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Negative EU-Erfahrung: Griechische Rentner stürmten 2015 die Banken.

© DPA

Europäische Union: Ökonomen schlagen „Erasmus für Rentner“ vor

Wer die EU unterstützt, ist meistens jung und gut ausgebildet. Ökonomen machen einen Vorschlag, wie auch Senioren eine positive EU-Erfahrung machen können.

Für Senioren, die bislang kaum Gelegenheit zu einem grenzüberschreitenden Austausch in der EU gehabt haben, soll es künftig ein „Erasmus für Rentner“ geben. Dies gehört zu den Empfehlungen einer Studie, die das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) gemeinsam mit dem ifo-Institut in München für das Forschungsnetz EconPol Europe erstellt hat. Transnationale Reisen und Kontakte hätten eine entscheidende Bedeutung für die Identifikation mit der EU, sagte Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ bei der Vorstellung der Studie am Mittwoch in Berlin.

Die Studie schlägt vor, dass ein „Erasmus für Rentner“ insbesondere ärmeren Senioren helfen soll, Aufenthalte in anderen EU-Staaten zu finanzieren. Nach den Worten von Heinemann verbringen typischerweise Beschäftigte im Gesundheitswesen, in der Gastronomie, im öffentlichen Dienst und im Handwerk ihr gesamtes Berufsleben in ein und demselben Land. „Wir wollen nicht den pensionierten Studienräten zur nächsten Bildungsreise verhelfen“, erläuterte der Ökonom den Vorschlag. Auch solle es nicht um einen bloßen Tourismus gehen, der das Verständnis für die Belange der EU-Bürger in anderen Mitgliedstaaten nicht zwangsläufig fördere. Vielmehr denken die Forscher nach dem Vorbild des erfolgreichen Erasmus-Programms für Studenten bei den Angeboten für ärmere Senioren an den Besuch geschichtlicher und sozialer Projekte. Zu diesem Zweck könnten für mögliche Organisatoren – politische Stiftungen oder Erwachsenenbildungsvereine - Gütesiegel verteilt werden, erläuterte Heinemann.

Laut der Studie mit dem Titel „Deutsche, Franzosen, Italiener - und Europäer?“ sind Menschen, die sich selbst als Europäer betrachten, häufig jung, gut ausgebildet und haben vielfältige Reiseerfahrung und Kontakte mit EU-Ausländern. Nach den Worten von ifo-Präsident Clemens Fuest erwachse aus einer europäischen Identität nicht zwangsläufig eine Unterstützung für die EU. Unterm Strich lasse sich aber sagen: „Die meisten Menschen, die sich als Europäer fühlen, sind bereit, die EU zu unterstützen.“

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass zwischen 2010, dem Jahr des Beginns der Griechenland-Krise, und 2017 die Zahl derjenigen abgenommen hat, die sich allein als Angehörige ihrer Nation und nicht auch gleichzeitig als Europäer betrachten. Allerdings hat die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft zwischen 2007 und 2011 in fast allen Mitgliedstaaten abgenommen. Besonders stark war der Rückgang in den Ländern, die mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, darunter Griechenland und Spanien sowie die baltischen Staaten. Gelitten hat die Unterstützung für die EU der Studie zufolge aber auch in Ländern, die sich schnell von dem wirtschaftlichen Einbruch des Jahres 2009 erholt haben, darunter Deutschland, die Niederlande oder Tschechien.

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