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Europäische Union: Verheugen beklagt Arroganz hoher Beamter

Nach Ansicht des Vizepräsidenten der EU-Kommission, Günter Verheugen, haben ranghohe EU-Mitarbeiter zu viel Macht an sich gerissen. Kommissare sollten daher solche Beamte künftig auswechseln dürfen, fordert Verheugen.

München/Brüssel - "Es gibt einen ständigen Machtkampf zwischen Kommissaren und hohen Beamten", sagte Verheugen der "Süddeutschen Zeitung". Die Spitze der Brüsseler Behörde müsse "höllisch aufpassen", dass die Beamten, die ohne demokratische Legitimation seien, nicht wichtige Fragen unter sich ausmachten, sagte er. Es komme leider vor, dass Beamte gegenüber den Mitgliedsstaaten oder dem EU-Parlament ihre persönliche Sichtweise als Haltung der Kommission darstellten.

Als Beispiel für eigenmächtiges Handeln erwähnte der Kommissar für Unternehmen und Industrie Regeln für den Einsatz von Pestiziden, die Europas Verbraucher, Landwirte und Industrie potenziell stark betreffen. Die Beamten hätten versucht, dies unter sich auszumachen. "Die Kommissare haben von dieser Frage nur erfahren, weil es plötzlich Streit zwischen den Beamten gab", betonte Verheugen.

"Technisch, arrogant, von oben herab"

"Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat dem Beamtenapparat eine solche Machtfülle eingebracht, dass es inzwischen die wichtigste politische Aufgabe der 25 Kommissare ist, den Apparat zu kontrollieren", klagte Verheugen. Wenn er manche Schreiben von Beamten an Mitgliedsstaaten lese, sei er entsetzt, sagte der Kommissar für Unternehmen und Industrie: "Technisch, arrogant, von oben herab." Während die Kommissare von den Regierungschefs ausgewählt und damit indirekt von den EU-Bürgern, fehlt den rund 16.000 Beamten solche Legitimation.

Verheugen macht die Macht der Beamten auch für die große Bürkokratie in Europa verantwortlich. Insgesamt werde zu viel von Beamten entschieden. Durch eine Reduzierung von Bürokratie könnten Europas Firmen mindestens 75 Milliarden Euro einsparen, die heute für Formulare oder Statistiken aufgewandt werden, sagte der EU-Kommissar. Um die Macht der Beamten in den Generaldirektionen einzudämmen, fordert Verheugen einschneidende Veränderungen in der EU-Zentrale. So sollten die Kommissare nach dem Vorbild deutscher Minister hohe Beamte auswechseln dürfen, was sie bisher nicht können. Auch sollen die Kommissare die Hoheit über die Geldverwendung in den Generaldirektionen bekommen. Verheugen fordert schlankere Strukturen: "Nicht weniger Mitarbeiter, sondern weniger Generaldirektionen." (tso/AFP/ddp)

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