zum Hauptinhalt

Politik: Europas Parlament billigt Verfassung

Mehr als drei Viertel der Abgeordneten stimmen mit Ja / Gegner protestieren mit Sprechchören

Mit einer überwältigenden Mehrheit von 500 zu 137 Stimmen hat das Europäische Parlament am Mittwoch dem EU-Verfassungsvertrag zugestimmt. „Das ist ein ganz klares Signal und damit ein wichtiger Schritt zur Ratifizierung der neuen EU-Verfassung. Ich freue mich sehr darüber“, sagte der seit Jahresbeginn amtierende EU-Ratspräsident, der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, nach der Abstimmung in Straßburg. Er kündigte zudem an, in der ersten Jahreshälfte eine Einigung über eine Reform des EU-Stabilitätspakts erreichen zu wollen.

Gegen den Verfassungsvertrag stimmten die Parlamentarier der extremen Linken und der äußersten Rechten, von den tschechischen Kommunisten über die britischen Europagegner bis zu den belgischen Rechtsradikalen des Vlaams Belang. Rund die Hälfte der tschechischen Europaparlamentarier, darunter auch Abgeordnete der konservativ-christdemokratischen EVP, enthielt sich der Stimme oder stimmten mit Nein. Nach dem starken Bekenntnis von nahezu drei Vierteln des Straßburger Parlaments zur Verfassung protestierten die Europagegner mit „No“-Protestplakaten im Plenum und zogen mit Sprechgesängen auf den Gängen zeitweise die Aufmerksamkeit der Medien auf sich.

In Straßburg und Brüssel sieht man nach dem klaren Votum der europäischen Volksvertreter der Ratifizierung des neuen EU-Verfassungsvertrags in den 25 Mitgliedsländern optimistischer entgegen. Der jetzt vom Straßburger Parlament gebilligte Text ist vom europäischen Verfassungskonvent, in dem die Parlamente den Ton angaben, und von der Regierungskonferenz der 25 in den vergangenen zwei Jahren erarbeitet worden. Schon im Juni fiel der einstimmige Beschluss der 25 Regierungen für die neue EU-Verfassung. Damit sie in Kraft treten kann, müssen jedoch alle nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten noch zustimmen. Bisher haben lediglich Litauen und Ungarn die EU-Verfassung ratifiziert. Voraussichtlich wird in mindestens neun EU-Staaten vor dem vorgeschriebenen Votum des Parlaments noch eine Volksabstimmung abgehalten. Zur Zitterpartie wird das Referendum in Dänemark und Großbritannien, wo erst nach den Unterhauswahlen 2006 abgestimmt wird. Auch in Polen und Tschechien ist die Front der Europa-Skeptiker stark.

„Wir haben mit unserem überwältigenden Ja zur Verfassung jetzt dem Ratifizierungsprozess Schwung gegeben“, erklärte der parlamentarische Berichterstatter, der Spanier Mendez de Vigo. Der Vorsitzende des konstitutionellen Ausschusses, der SPD-Europapolitiker Jo Leinen warnte: „Jedes Land muss sich klar werden, ob es in Europa weiter dabei sein will – und dann muss es zustimmen –, oder ob es sich aus der EU ausklinken will.“ Einig sind sich alle europäischen Sozialdemokraten, dass „die EU-Verfassung die EU reformieren, modernisieren, vor allem aber die Rechte der Bürger stärken wird“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false