zum Hauptinhalt
Die Protestpartei „Podemos“ mit ihrem Chef Iglesias wurde viertstärkste Kraft.

© REUTERS

Europawahl 2014: Triumph der Empörten

Konservative und Sozialisten in Spanien erleiden dramatische Verluste, kleine Parteien können sich als Gewinner fühlen.

Es ist eine politische Sensation und ein Beleg dafür, wie Spaniens etablierte Großparteien an Glaubwürdigkeit verloren haben: Spaniens erst vor wenigen Monaten gegründete Protestpartei „Podemos“ („Wir schaffen es“) holte in der Europawahl überraschend acht Prozent der Stimmen und wurde damit landesweit viertstärkste – in etlichen Regionen sogar drittstärkste – Partei. Mit „Podemos“ etabliert sich nun die junge Protestbewegung der „Empörten“ auf der politischen Bühne, welche bisher mit Massendemonstrationen gegen die harte Sparpolitik und die weitverbreitete Korruption Schlagzeilen machte.

Spaniens konservative Regierung bekam derweil von den Wählern eine schallende Ohrfeige verpasst. Die konservative Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy musste dramatische Verluste hinnehmen und sackte auf 26 Prozent (2009: 42 Prozent)ab. Damit sind die Konservativen in Spanien zwar immer noch stärkste politische Bewegung vor den oppositionellen Sozialisten. Aber die bereits geplante Jubelfeier vor dem Parteisitz in der Hauptstadt Madrid wurde angesichts dieses bitteren Sieges abgesagt. Die Konservativen können sich bei dieser Stimmungslage nicht mehr ihrer Macht sicher sein – im Jahr 2015 wird in Spanien ein neues Parlament gewählt.

Die Sozialisten (PSOE), größte Oppositionspartei, welche 2009 noch knapp 39 Prozent bekamen, wurden nicht weniger böse abgestraft. Sie stürzten auf 23 Prozent. Den Sozialisten, die in Spanien bis 2011 an der Macht waren, wird von den Wählern offenbar noch übelgenommen, dass sie das Land in eine tiefe Finanz- und Wirtschaftskrise steuerten. PSOE-Generalsekretär Alfredo Perez Rubalcaba, der zum sozialistischen Urgestein im Königreich gehört, kündigte nach dem Wahldebakel seinen Rücktritt an. „Wir haben das Vertrauen nicht zurückerobern können.“

Vor allem die kleinen Parteien im linken wie im rechten Spektrum können sich nach dieser Europawahl in Spanien als Gewinner fühlen. Denn neben der politischen Rebellenbewegung „Podemos“ blühten noch weitere Protestparteien auf. Das linke Bündnis „Izquierda Plural“ (IU) legte kräftig zu und kam auf knapp zehn Prozent (2009: 3,7 Prozent). Genauso wie die bürgerliche „Union für Fortschritt und Demokratie“ (UPyD) mit rund 6,5 Prozent ordentlich wuchs (2009: 2,8 Prozent).

Nicht zu übersehen ist zudem der Aufstieg jener Parteien aus Katalonien und dem Baskenland, die für eine Abspaltung der jeweiligen Regionen eintreten. Das katalanisch-baskische Bündnis „Koalition für Europa“ (CEU) kletterte spanienweit von 5,1 auf 5,5 Prozent. Die noch radikaleren katalanischen Separatisten EPDD stiegen von 2,5 auf vier Prozent. Die von den baskischen Bildu-Separatisten angeführte Koalition LPD kam aus dem Stand auf zwei Prozent.

Auch eine prospanische Partei aus Katalonien, die Cuidadanos (C’s), setzte sich erstmals durch und holte 3,1 Prozent. Das Ökobündnis „Primavera Europea“ (Europäischer Frühling) überraschte gleichfalls und zog mit knapp zwei Prozent und immerhin einem Abgeordneten ins Europaparlament ein.

Rechtslastige Bewegungen hatten in Spanien keine Chance. Die am Rand von Rajoys Volkspartei aufgekommene Bewegung Vox, die mit populistischen Parolen in rechten Gewässern fischt, scheiterte. Sie holte zwar 1,5 Prozent, dies reichte allerdings nicht für einen Parlamentssitz aus.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false