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Italiens Premierminister Matteo Renzi und seine Sozialdemokraten haben einen sensationellen Sieg eingefahren.

© reuters

Europawahl in Italien: Matteo Renzi erringt historischen Sieg

In Frankreich und Großbritannien triumphieren die Populisten - nicht aber in Italien. Dort wurden die Sozialdemokraten von Premier Matteo Renzi doppelt so stark wie die Europakritiker von Beppe Grillo.

Bei den Europawahlen in Italien hat die Sozialdemokratische Partei von Premierminister Matteo Renzi einen sensationellen Sieg eingefahren. Sie kam auf 40,8 Prozent der Stimmen und erreichte damit ein Resultat, wie es in Italien seit der Democrazia Cristiana vor mehr als fünfzig Jahren keine Partei mehr geschafft hat. Renzis großer Gegenspieler, der Radikalpopulist Beppe Grillo, fuhr mit seiner fundamentaloppositionellen, europakritischen „Fünf-Sterne-Bewegung“ gerade einmal 21,2 Prozent der Stimmen ein.

Das heißt: Während die Sozialdemokraten gegenüber den Parlamentswahlen von 2013 um annähernd 16 Prozentpunkte zulegen konnten, fiel Grillo – die damals stärkste politische Kraft in Italien – um gut 4 Punkte zurück. Zwar hatten die meisten Meinungsforscher einen klaren Sieg Renzis vorhergesagt; die Dimensionen allerdings liegen nun weit jenseits aller Prognosen. Weit abgeschlagen vom Rest des Feldes kam Silvio Berlusconi zu liegen: Die 16,8 Prozent, die er am Sonntag erreichte, stellen gleichzeitig das historische Tief seiner Partei dar – ob sie nun, wie am Anfang und nun wieder, „Forza Italia“ oder „Volk der Freiheit“ hieß.

"Jetzt an die Arbeit für ein Italien, das Europa verändert"

In Italien ist der Vergleich der Resultate zwischen europäischen und nationalen Wahlen diesmal durchaus statthaft, denn sowohl Renzi als auch Grillo hatten die Kampagne als einen Kampf um die nationale Vorherrschaft geführt: Renzi brauchte, nachdem er sich im Februar innerhalb der Sozialdemokratischen Partei an die Macht geputscht hatte, eine demokratische Legitimation; Grillo hatte angekündigt, im Falle eines eigenen Wahlsiegs sofort „auf Rom zu marschieren“, um die nationale Politik aus den Angeln zu heben und Neuwahlen zu erreichen.

Der Sieg Renzis gilt denn auch als persönlicher Erfolg für den erst 39-jährigen früheren Bürgermeister von Florenz, der angetreten war, um die „alten Politik“ und die alten Kader der Parteien zu „verschrotten“. Den Wahlkampf gegen Grillo (65) hatte er geführt unter dem Slogan: „Wir sind die Hoffnung, während die anderen nur schreien und zerstören.“ In der Nacht des Wahlsiegs hatte Renzi getwittert: „Ein historisches Resultat. Ich bin bewegt und entschlossen. Jetzt an die Arbeit für ein Italien, das Europa verändert.“

Matteo Renzi will sich an die Maastricht-Kriterien halten

Renzi gilt als starker Verfechter eines geeinten Europas. Er, der seine Examensarbeit über einen großen Florentiner Bürgermeister der fünfziger Jahre geschrieben hatte, hat auch ein idealistisches Europa der „Gründerväter“ im Kopf – also etwa des italienischen Christdemokraten Alcide De Gasperi, an dessen Wahlerfolge aus den fünfziger Jahren er jetzt auch den Zahlen nach anknüpft. Renzi hat immer versprochen, sich bei der Haushaltsführung an die Maastricht-Kriterien zu halten – jedenfalls was die Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts betrifft, die italienische Staatsschuldenquote von derzeit etwa 136 Prozent entzieht sich beim Nullwachstum der nationalen Wirtschaft einem unmittelbaren Zugriff. Renzi will aber die ihm verbleibenden finanzielle Räume so weit wie möglich nutzen und plädiert unter anderem dafür, Investitionsentscheidungen und nationale Ko-Finanzierungen für Projekte aus EU-Fördermitteln aus den Maastricht-Kriterien auszunehmen. Eine Austeritätspolitik à la Merkel lehnt Renzi ab – und sein Gewicht gegenüber der Bundeskanzlerin ist jetzt ebenso gewachsen wie seine Durchsetzungsfähigkeit im nationalen Parlament, wo sich die großen Reformpläne des Premiers während der vergangenen Wochen im Unterholz des Parteienwiderstands stecken geblieben sind.  

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