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Der tschechische EU-Abgeordnete Jan Zahradil tritt im Mai als Spitzenkandidat für die Nationalkonservativen an.

© imago/Belga

Europawahl: Nationalkonservative schicken Tschechen ins Spitzenkandidaten-Rennen

Der Tscheche Zahradil wird Spitzenkandidat der Nationalkonservativen für die Europawahl – aber eigentlich lehnt er das Spitzenkandidaten-System ab.

Der tschechische EU-Abgeordnete Jan Zahradil wird Spitzenkandidat der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) bei der kommenden Europawahl und somit auch für den Posten als nächster EU-Kommissionspräsident. Das teilte Parteichef Syed Kamall mit.

Die EKR-Fraktion im EU-Parlament war von den britischen Tories gegründet worden, als der damalige Premierminister David Cameron sich 2009 von der gemäßigt konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) lossagte.

Mit 75 Abgeordneten ist die EKR derzeit die drittgrößte Fraktion im EU-Parlament. Ihre Zukunft nach den Wahlen und vor allem nach dem Brexit ist jedoch ungewiss: 18 der aktuellen EKR-Fraktionsmitglieder sind britische Tories. Die zweitgrößte nationale Gruppe stellt Polen mit 15 Mitgliedern der PiS-Partei von Jaroslaw Kaczynski.

Nach der Nominierung Zahradils erklärte Kamall gegenüber Reportern in Straßburg: „Ich habe nichts gegen [die EVP- und S&D-Spitzenkandidaten] Weber und Timmermans persönlich. Ich sehe in ihnen aber zwei Herren aus den EU-Gründungsländern, aus dem alten Europa, die sich zu sehr auf eine einzige Art der Integration versteifen: die des europäischen Föderalismus. Ich glaube nicht, dass einer der beiden wirklich neue Ideen anzubieten hat.“

Zu Hause in der Tschechischen Republik, ist Zahradil seit 2004 Mitglied der liberal-konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) und seither gewähltes Mitglied des EU-Parlaments. Zuvor war er politischer Berater des ehemaligen tschechischen Premierministers Václav Klaus.

Der tschechische Europaabgeordnete fungiert aktuell zudem als Vorsitzender der Allianz der Konservativen und Reformer in Europa (ACRE), einer paneuropäischen konservativen und euroskeptischen Bewegung, die der EKR angehört.

Er gilt außerdem als Befürworter einer starken Visegrad-Gruppe (bestehend aus der Tschechischen Republik, der Slowakei, Ungarn und Polen) als Gegenpol zu dem auf EU-Reformen drängenden französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Dieser interessiere sich „ohnehin nicht sonderlich für Ost- und Mitteleuropa“, lautet die Einschätzung Zahradils.

Im Jahr 2014, als der Spitzenkandidaten-Prozess zum ersten Mal angewendet wurde, hatte die EKR keinen eigenen Kandidaten vorgeschlagen.

Zahradil: EU-Parlament soll nicht den nächsten Kommissionspräsidenten nominieren

Nach seiner Nominierung erklärte Zahradil: „Wir haben den ’Spitzenkandidat’-Prozess nicht erfunden, aber wenn er nun schon einmal da ist, dann wollen wir die Gelegenheit nutzen, unser Programm, unsere Prinzipien und Pläne der Öffentlichkeit zu präsentieren.“

Der Tscheche fügte hinzu, er sei – im Gegensatz zu anderen Fraktionen wie der EVP, der S&D und der ALDE – aber nach wie vor der Ansicht, dass es nach den EU-Verträgen Aufgabe des Europäischen Rates und nicht des Parlaments sei, den nächsten Kommissionspräsidenten zu nominieren.

Mit Blick auf die zukünftige Zusammensetzung des EU-Parlaments erklärte er: „Niemand von uns hat eine Ahnung, wie die politische Landschaft nach den Europawahlen aussehen wird. Einig und sicher sind wir uns aber, dass sie sich völlig von der heutigen unterscheiden wird.“

Übersetzung: Tim Steins.

Erschienen bei EurActiv.

Das europapolitische Onlinemagazin EurActiv und der Tagesspiegel kooperieren miteinander.

Alexandra Brzozowski

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