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Das Elektrizitätswerk im klassischen Monopoly.

© Stefanie Jost

Europoly - Privatisierungen in den EU-Krisenländern: Wie China Portugals Energiesektor aufkauft

In der Krise wird Europa zum Spielfeld für Zocker. In Portugal kaufen sich chinesische Staatsfonds im großen Stil in die Stromversorgung ein. Dabei gibt es Verdacht auf unerlaubte Absprachen.

Diese Reportage ist Teil des Multimedia-Dossiers "Europoly - Privatisierung unter der Troika". Zum Dossier gehts hier.

Auf seinen letzten China-Trip hat ihn sogar der Präsident begleitet. Frisch zurück aus dem Flugzeug, sitzt Eduardo Catroga, Aufsichtsratschef von Energias de Portugal (EDP), einem der größten Energieversorger Europas, in seinem Lissaboner Büro und frühstückt. Eine schöne Reise war es und eine große Delegation. Denn auch Portugals Präsident Anibal Cavaco Silva weiß sehr gut, dass der Einfluss chinesischer Investoren auf Portugal wächst.

Sie sind einer der Haupteinkäufer in den Privatisierungsprogrammen. Ganz besonders interessiert sind sie am Energiesektor. Portugals Energiekonzerne öffnen ihnen die Türen nach Brasilien und in den lukrativen Markt der erneuerbaren Energien.

Wie zuvor beim Wasserwerk geht es auch beim Elektrizitätswerk im Europoly um einen einfachen Deal: Der Staat verkauft seinen Konzern und kauft dafür die Leistungen zukünftig ein. Wenn er das Feld betritt, zahlt er. Die portugiesische Regierung betrieb früher zwei große Energiekonzerne. EDP sorgte für die Stromerzeugung und REN für den Betrieb und die Wartung der Netze. EDP wurde schon 1997 teilprivatisiert, REN sollte ursprünglich nicht verkauft werden. Ohne die Wirtschaftskrise wäre das Stromnetz vermutlich noch in Staatshand. So wurde im Vertrag mit der Troika zumindest festgehalten: Keinesfalls dürften beide an denselben Besitzer gehen.

An EDP hielt der Staat noch 21,35 Prozent, als die Troika kam. Er verkaufte sie an die chinesische Staatsholding China Three Gorges Group (CTG), die das weltgrößte Stauwerk am Yangtzee-Fluss betreibt. CTG ist damit der mit Abstand größte Anteilseigner des Stromerzeugers. China Three Gorges stach alle Konkurrenten – darunter auch den deutschen Energiekonzern E.on – mit einem Angebot von 2,69 Milliarden Euro aus. Ein Preis, der damals 52 Prozent über dem aktuellen Aktienwert lag. Ein Geschäft, das maßgeblich dazu beitrug, dass Portugal seine Privatisierungsziele nicht nur erreichen, sondern sogar übertreffen konnte. Jubel allerseits. Wenigstens einmal schien die Krise keine Rolle zu spielen.

 Der chinesische Staat macht keine halben Sachen

Oder doch? Noch bevor Eduardo Catroga das Frühstück beendet, erzählt er strahlend, die Aktien des Konzerns seien seit dem Verkauf stark gestiegen. Die Käufer seien extrem glücklich. Die Märkte haben sich seit 2011 erholt. Die Gewinne fließen nun nach China.

Und der chinesische Staat macht keine halben Sachen: Auch die portugiesischen Staatsanteile am Netzbetreiber REN kaufte ein Staatsfonds. Die State Grid Company zahlte 387 Millionen für 25 Prozent der Aktien. Damit ist der chinesische Staat sowohl beim Stromerzeuger als auch beim Netzbetreiber der wichtigste Eigentümer – was die Abstimmung zwischen den eigentlich getrennten Unternehmen sicher erleichtert. IWF-Repräsentant Jäger bestreitet derweil, dass das doppelte chinesische Engagement ein Problem sei. Schließlich seien die Käufer unterschiedliche Unternehmen und es handle sich ja auch nur um eine Teilprivatisierung.

Inzwischen hat sich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Sie zweifelt, ob beim Verkauf alles rechtens war. Denn der Chef der Investmentbank BESI, die beide chinesischen Konzerne in den Verhandlungen vertrat, telefonierte in der heißen Verhandlungsphase um REN nachgewiesenermaßen neunmal mit Premierminister Passos Coelho. Außerdem hatte er engen Kontakt mit dem Staatsbanker Jorge Tomé, der im Auftrag der Regierung die Bieterangebote bewertete. Die Untersuchungsbehörden prüfen nun, ob der chinesische Konzern State Grid so an Insider-Informationen gekommen sein könnte, die ihm Vorteile gegenüber der Konkurrenz verschafften. Die Telefonate waren abgehört worden, weil gegen die Investmentbank in einem anderen Fall ermittelt wird.

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