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Hans-Georg Maaßen, Ex-Verfassungsschutz-Chef, vor Beginn einer CDU-Wahlkampfveranstaltung.

© Robert Michael/dpa

Ex-Verfassungsschutzchef: Hans-Georg Maaßen wird zu einem Fall für Aufarbeitung

Seit er nicht mehr im Amt ist, wirkt der Ex-Verfassungsschutzchef auf bedenkliche Weise entgrenzt. War er immer so? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Ein ehemaliger Geheimdienstchef wird immer öffentlicher. Hans-Georg Maaßen, Ex-Verfassungsschutzpräsident und gegen seinen Willen vorzeitiger Ruhestandsbeamter, tingelt als Politik-Kritiker durch den sächsischen Landtagswahlkampf, gibt reihenweise Interviews und hat nichts dagegen, dort als nächster Innenminister gehandelt zu werden. Laut „Rheinischer Post“ soll er sogar „eine der umstrittensten politischen Figuren der Gegenwart“ sein.

Das wirft Fragen an den Zustand der Gegenwart auf. Einer der wenigen, die hier klare Antworten bieten, ist Maaßen selbst. Alles geht den Bach runter, die CDU ist schuld, wir brauchen eine Wende. Jetzt entfachte Parteichefin Kramp-Karrenbauer sogar eine Debatte über ein mögliches Ausschlussverfahren. Am stärksten betrübt ihn aber der Umgang mit ihm selbst durch die Medien.

Sie stellen ihn in die rechte Ecke, meint er, wo er nach eigener Orientierung – CDU/Junge Union seit 1978 – nicht hingehört. Als Fachmann für Extremismus zieht er daraus einen weitreichenden Schluss: Diese Methode der „sozialen Isolierung politischer Gegner“ stamme aus dem „Giftschrank totalitärer Staaten“ und sei „absolut zerstörerisch für die Demokratie.“ Wohlgemerkt, Maaßen meint sich selbst. Maaßen-kritische Zeitungsartikel wären demnach ein Fall für den Verfassungsschutz.

Vielleicht ist der Ex-Spitzenbeamte enttäuscht und kann es nicht verbergen. Vielleicht hat der Wirbel um die Entlassung sein Ego entgrenzt. Vielleicht war er aber auch immer schon so. Dann gäbe es noch einiges aufzuklären.

Seehofer war zu geduldig

War Maaßen eine Aufstiegshilfe für die AfD? Sein nunmehr eingetretener Gedächtnisverlust bezüglich seines Treffens mit Ex-Chefin Frauke Petry, der er angeraten haben soll, den Rechtsausleger Björn Höcke aus der Partei zu schmeißen, lässt dies zumindest vermuten. Es ist wenig glaubwürdig, was er da behauptet. Durch sein aktuelles Gerede bestätigt wird der Verdacht, dass sich damals zwei gefunden haben.

Rückblickend war Innenminister Horst Seehofer (CSU) zu geduldig. Hat er Maaßen wirklich auf den Zahn gefühlt? Oder hat er sich abgefunden mit einem, der da saß und mit den Schultern zuckte. Aufzuklären bliebe auch noch, in welchen Kreisen der Verfassungsschutzchef gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung opponierte, bevor er, wie heute, dem Rechtsblatt „Junge Freiheit“ zur Verfügung stand. Die Freiheiten von Beamten im Dienst haben Grenzen.

Diese Grenzen werden durchlässiger, wenn der Staatsdiener in den Ruhestand tritt. Es fällt aber auf, dass die Regeln für alle dieselben sind, unabhängig vom ausgeübten Amt. Kaum jemand würde Maaßen ein Podium bieten, spräche er nicht als Ex-Chef einer bei aller Kritik ehrenwerten Bundessicherheitsbehörde. Sie beglaubigt seine Worte. Und er nutzt es aus. Die Demokratie geht davon nicht unter. Aber hilfreich ist es nicht.

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