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Expertenkommission: Fukushima war vermeidbar

Skandalöse Sicherheitsmängel und Behördenfilz machten die Katastrophe von Fukushima möglich. Eine Untersuchungskommission geht deshalb mit der Regierung und Atomlobby in Japan ungewöhnlich hart ins Gericht.

Die Atomkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011 wäre vermeidbar gewesen. Zu diesem Schluss kommt die unabhängige Expertenkommission, die am Donnerstag in Japan ihren Abschlussbericht über das Unglück vorgelegt hat. Die Wissenschaftler haben 900 Stunden lang Zeugen angehört und mit mehr als 1000 Menschen Interviews geführt. Ihre wichtigste Erkenntnis: Es lässt sich nicht eindeutig klären, ob es nicht auch ohne den Tsunami zur Kernschmelze in Fukushima gekommen wäre.

Die Betreiberfirma Tepco hatte in ihrem eigenen Bericht behauptet, die Atomkraftwerke in Fukushima Daiichi hätten dem Erdbeben standgehalten, das dem Tsunami vorausging. Erst die Riesenwelle habe die Sicherheitssysteme der Reaktoren zerstört. Genau das bezweifelt die Expertenkommission unter dem Vorsitzenden Kiyoshi Kurokawa. „Es war ein hochgradig menschengemachtes Desaster, es hätte vorhergesehen werden können und verhindert werden müssen“, zitiert ihn der britische Sender BBC. Das wirft Fragen nach der Sicherheit des Atomkraftwerks auf, das mit Zustimmung von Premierminister Yoshihiko Noda seit diesem Donnerstag wieder Strom produziert. Der Reaktor 3 in Oi ist wieder hochgefahren worden, am 18. Juli soll Oi 4 folgen.

Der Bericht der Kommission beschreibt, wie groß das Misstrauen in die Atomaufsicht inzwischen ist. Sie war beim atomfreundlichen Wirtschaftsministerium angesiedelt, soll nun aber ins Umweltministerium umziehen. Auch der Regierung des damaligen Ministerpräsidenten Naoto Kan werfen die Experten Versagen vor. Das ist nicht neu. Bereits vor einem Monat hatte Kurokawa erstmals gesagt, dass sich Naoto Kan „viel zu stark in die Arbeit des Fukushima-Krisenteams eingemischt“ und dabei „für unnötige Verwirrung gesorgt“ habe. Kan hatte nach Tagen des Chaos bei Tepco deren Zentrale besucht und für japanische Verhältnisse ziemlich laut die Frage gestellt: „Was ist hier eigentlich los?“ Er war von Tepco kaum informiert worden.

Der Chef der Kommission für Atomsicherheit, Haruki Madarame, hatte vor einigen Monaten zugegeben, dass es „schwerwiegende Mängel“ im staatlichen Atomüberwachungssystem gibt. Madarame gilt als einer der Hauptverdächtigten für die mangelhafte Kommunikation während der Katastrophe. Einen Tag lang verhinderte er, dass um die betroffenen Reaktoren Daten gesammelt werden konnten mit der Begründung, er wolle zuerst auf eine Genehmigung des Premierministers warten.

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