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Bodo Ramelow (Linke) will wieder Ministerpräsident in Thüringen werden.

© Martin Schutt/dpa

Expertenregierung in Thüringen?: Ramelow nennt Lindner-Vorstoß eine Zumutung

Ein Übergangs-Ministerpräsident für Thüringen? Bodo Ramelow hält nicht viel von der Idee des FDP-Chefs. „Manche Ratschläge sind wie Schläge“, sagt er.

Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sieht in der Wahl eines unabhängigen Kandidaten oder einer Expertenregierung keinen gangbaren Weg aus der Thüringen-Krise. „Es wäre gut, wenn die Berliner Parteizentralen jetzt mal stiller wären“, sagte Ramelow im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Als Zumutung bezeichnete der Linke-Politiker, dessen Partei die Landtagswahl gewonnen hatte, einen Vorstoß von FDP-Chef Christian Lindner. Der Liberale hatte als Erster einen Übergangs-Regierungschef für Thüringen vorgeschlagen.

Im Gespräch mit dem Tagesspiegel hatte Lindner am Dienstag konkret den Präsidenten des Thüringischen Verfassungsgerichtshofs als möglichen Kandidaten benannt. Sein Ziel: die Wahl des Linken-Politikers Bodo Ramelow zu verhindern. Doch wie Lindner später zugeben musste, hatte er diese Überlegung nicht mit dem Gerichtspräsidenten selbst abgesprochen. Die Chancen einer Umsetzung dürften gering sein.

„Das steht in Thüringen nicht zur Debatte“, sagte der angesprochene Stefan Kaufmann dem Tagesspiegel am Mittwoch auf die Frage, ob er bereit sei zu einer Kandidatur für das Amt. „Es ist unprofessionell, einen Namen zu nennen, ohne die Person zu fragen.“ Zunächst hatte der Jurist den Vorgang nicht kommentieren wollen.

Ramelow kritisierte nun, am lautesten seien derzeit die Vertreter der Parteien, die einen Anteil daran hätten, dass es am 5. Februar bei der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen zum Desaster kam. „Manche Ratschläge sind wie Schläge“, sagte er. Mit einer Stimme mehr als Ramelow war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich Ministerpräsident geworden. Dass er nur mit Stimmen der AfD ins Amt kam, sorgte für ein politisches Beben in Deutschland.

Ramelow erinnert an Höcke-Brief für Expertenregierung

Ramelow erinnerte daran, dass AfD-Chef Björn Höcke nach der Landtagswahl Ende Oktober 2019 Briefe an CDU und FDP geschrieben habe, in denen er unter anderem vorschlug, Ramelows rot-rot-grüne Koalition durch eine Expertenregierung abzulösen.

Ziel sei jetzt eine erneute Ministerpräsidentenwahl, der er sich stellen wolle. „Bedingung von allem muss sein, es darf auf Stimmen der AfD nicht ankommen“, so der Linke-Politiker. Wichtig sei, dass es schnell wieder eine handlungsfähige Regierung gebe, die für geordnete Neuwahlen sorgen könnte. Er sei bereit, dafür die Hand in Richtung CDU und FDP auszustrecken. „Wir haben keine Zeit zu vergeuden.“

Dass Thüringen eine Staatskrise drohe, zeige sich daran, dass das Land am Freitag erstmals nicht im Bundesrat vertreten sei. Kemmerich, der nach seinem Rücktritt am vergangenen Wochenende nur noch geschäftsführend im Amt ist, will nach Angaben seiner Partei nicht zur Tagung der Länderkammer fahren, um nicht zu provozieren.

Auf die Frage, warum er sich trotz fehlender vier Stimmen für eine eigene Mehrheit erneut dem Risiko des Scheiterns bei einer Wahl aussetzen wolle, sagte Ramelow: „Das ist meine staatspolitische Verantwortung.“ Rot-Rot-Grün habe eine arbeitsfähige Regierung. „Wir sind handlungsfähig und nicht irgendein Dritter.“ Es gehe ihm nicht um die nächste Wahl oder Prozente. „Ich wäre der Profiteur von Neuwahlen.“ Nach der jüngsten Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des MDR könnte die Linke bei einer Neuwahl von 31 auf 39 Prozent zulegen. (Tsp, dpa)

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