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Politik: Expo 2000: Billiger kommt billiger (Kommentar)

Die Kommentare zu den neuesten Zahlen aus dem Hause Breuel in Hannover sind rundherum negativ bis bissig. Zu Recht.

Die Kommentare zu den neuesten Zahlen aus dem Hause Breuel in Hannover sind rundherum negativ bis bissig. Zu Recht. Nur noch 14 Millionen statt 40 Millionen Eintrittskarten und 2,4 Milliarden Mark Verlust statt einer schwarzen Null. Das sind Fehlplanungen, die jedem ordentlichen Bürger die Haare zu Berge stehen lassen. Jeder Manager wäre mit derartigen Abweichungen zwischen Soll und Ist nur noch eine Witzfigur. Statt 4 Millionen Autos oder Stühle, für die die Produktion vorbereitet war und der Einkauf disponiert hat, nimmt der Markt nun nur 1,4 Millionen Stück ab.

Na und?, tönt es aus Hannover: durchhalten - vor allem bei den Preisen. Nicht immer auf die schlechten Zahlen schauen, sondern mehr und auch ein wenig stolz auf das schöne Produkt Expo und die vielen begeisterten Besucher, mahnt Birgit Breuel. Das ist verständlich. Die Expo ist tatsächlich mehr als eine Reise wert. Und eine fatale Idee wäre es, das Unternehmen jetzt vorzeitig abzubrechen. Aber die Art und Weise, wie dieses Schau-Unternehmen geführt und die Öffentlichkeit immer wieder mit geschönten Zahlen fehlinformiert und für dumm verkauft wird, das ist unerträglich. Und vor allem: Wo bleiben die Lehren aus dem Fiasko? Nur immer neue, noch niedrigere Besucherprognosen, das kann es doch nicht sein.

Es ist höchste Zeit, nun noch einmal über die Bücher zu gehen und zu überlegen, wie der Karren aus dem drohenden Dreck gezogen werden kann. Hier wird ja nicht etwa privates Vermögen verspielt. Es werden zwei hohe Werte, nämlich Steuergelder und der gute Ruf der Wirtschaftsnation Deutschland, aufs Spiel gesetzt. Die über zwei Milliarden Mark Verluste sind eine große Summe, auch wenn sie den Verantwortlichen im Vergleich zu den 100 Milliarden Mark UMTS-Erlösen oder den Verlusten aus der Abwicklung der DDR-Wirtschaft fast wie Peanuts erscheinen mögen. Jeder in Deutschland spendet jetzt schon fast 15 Mark für die Expo - ungefragt. Sigmar Gabriel belastet seine Niedersachsen zusätzlich noch erheblich stärker. Gut 150 Mark pro Kopf macht die Übernahme der Hälfte der Verluste in Höhe von 1,2 Milliarden Mark durch das Land aus. Zur Erinnerung: Der Transrapid wurde gestoppt, als ein zusätzliches Finanzloch von 600 Millionen drohte.

Was tun, würde sich jeder gescheite Manager fragen. Wenn die Eintritts-Preise abschrecken, dann müssen sie eben noch weiter runter. In der zweiten Halbzeit zu halben Preisen - oder wenigstens auf 49 Mark. Das Produkt hat eine beschränkte Lebensdauer. Nach dem 31. Oktober sind die teuren Blumen verblüht, dann lassen sie sich nicht mehr verkaufen. Das wäre keine "Aktion Schleuderpreise", sondern simple ökonomische Vernunft. Die Furcht vor weiteren Einnahmeausfällen bei billigeren Tickets hat bisher nur dazu geführt, dass die Erlöse noch weiter abgesackt sind, weil eben weniger Besucher bei den insgesamt relativ hohen Kosten für Anfahrt, Eintritt und Verpflegung kommen als kalkuliert.

Bei deutlich niedrigeren Eintrittspreisen ist wahrscheinlich am Ende dennoch mehr Geld in der Kasse. Und selbst wenn das nicht so wäre, so hätten doch wenigstens mehr Menschen Nutzen von dieser erheblichen Investition, den interessanten Pavillons und schönen Events gehabt. Gezahlt haben sie für ihren Besuch indirekt über den Steuersäckel auch. Und mit Sicherheit wäre es auch wirtschaftlich, neue Ideen und mehr Geld in die Werbung zu stecken. Aber nicht in abstrakte Floskeln wie "Das gibts nur einmal". Man sollte die Umworbenen etwas schnuppern und ahnen lassen von den begeisternden Einfällen der Austeller, die da in Hannover auf Besucher warten.

Schlimm aber bleibt das Bild, das die Expo-Führung der Welt von der deutschen Fähigkeit bietet, große, anspruchsvolle Projekte zuverlässig zu planen und erfolgreich zu managen. Schön und gut, dass die Kosten eingehalten wurden. Aber sind wir nicht längst in das Zeitalter der Marktwirtschaft hineingewachsen, in der letztlich zählt, was bei den Kunden ankommt, was sie zum Besuch anregt? Hannover bietet mehr als ein Trauerspiel: einen Faust 3. Und dabei sollte doch die Welt bewundernd auf dieses moderne, kreative und gut geführte Unternehmen Deutschland schauen. Nun kann man nur hoffen, dass sie die Augen weit geschlossen hält. Schade.

Heik Afheldt

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