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Die Ausgaben der Ministerien für Berater stehen oft in der Kritik.

© Uwe Anspach,dpa

Externe Berater: Wenn sich die Regierung Hilfe holt

Eine halbe Milliarde Euro für externe Berater. Wo externer Sachverstand nötig ist - und wo eher nicht.

Von Robert Birnbaum

Die alljährliche Empörung ist sicher, und Matthias Höhn lässt ihr gerne freien Lauf. Der Linken-Abgeordnete fragt die Bundesregierung routinemäßig nach den Ausgaben für externe Berater. Die jüngsten Daten liefern ihm prompt wieder Stoff für böse Kommentare. Mehr als eine halbe Milliarde Euro flossen 2019 für „externe Beratungs- und Unterstützungsleistungen“, wobei die Übersicht noch nicht vollständig ist – vier Ministerien hatten nur die Zahlen fürs erste Halbjahr parat. Das Verteidigungsressort gehört dazu. Doch schon die Halbjahresbilanz macht das Haus mit 154,9 Millionen Euro zum Spitzenreiter. Für Höhn ein klarer Fall. Tausende Beamte in den Ministerien, und dann „riesige Summen“ in Beratungsfirmen pumpen: „Da kann man nur noch den Kopf schütteln!“

Nur – so einfach ist das eben nicht. Hinter den riesigen Summen stecken zweifelhafte Ausgaben, aber sie umfassen auch zwingend notwendige. Aus der Tabelle der Gesamtsummen, die das Finanzministerium dem Abgeordneten zusandte, geht der Unterschied nicht hervor. Doch an Beispielen lässt sich aufzeigen, wo Sachverstand von draußen nötig war – und wo eher nicht.

Fall Eins: Bequemlichkeit

Die frühere Staatssekretärin Karin Suder kann sich nicht erinnern – und zuständig sei sie ohnehin nicht gewesen. Die Unternehmensberaterin soll am Donnerstag im Verteidigungsausschuss des Bundestages Licht in die Berateraffäre bringen, die in ihrer Dienstzeit im Ministerium spielt. Externe Beratertätigkeiten wurden nicht korrekt verbucht, Hinweise auf Vetternwirtschaft stehen im Raum. Ob die Beratung sinnvoll war, spielt nur am Rand eine Rolle. Ein Fall kommt aber zur Sprache: Einer von Suders Bekannten bekam 14000 Euro für die Moderation einer internen Veranstaltung. Viel Geld für einen Tag – auch wenn das Thema aus dem IT-Bereich anspruchsvoll war.

Aber offenbar wurde gar nicht gefragt, ob das nicht auch jemand aus dem Haus kann. Dass Berater geholt oder Gutachten eingekauft werden, die nur der Bequemlichkeit oder Absicherung der Verwaltung dienen, ist keine Ausnahme. Der Bundesrechnungshof wusste jedenfalls, weshalb er 2006 in einer Sonderveröffentlichung detailliert Ratschläge gab, wie man so was bitteschön vermeidet.

Fall Zwei: Feuerwehreinsatz

Als das New Yorker Bankhaus Lehman Brothers zusammenbrach und die Weltfinanzkrise in Gang setzte, herrschte in der Bundesregierung Ratlosigkeit. Sie stellte rasch fest, dass sie damit nicht alleine war. Die Kanzlerin, erzählte später einer, der dabei war, bat die Wirtschaftsweisen einen nach dem anderen zu sich. Doch die Professoren wussten auch nicht so genau, was da los war. Was die Regierung nun tun solle? Sie baten um Bedenkzeit.

Aber Angela Merkel und ihrem Finanzminister Peer Steinbrück wussten zumindest eins: Zeit war das letzte, was sie jetzt hatten. Im Apparat des Finanzministeriums saßen nur wenige Beamte, die sich mit Kapitalmärkten auskannten, und auch die nicht in der nötigen Detailtiefe. Der damalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann wurde zum wichtigsten Nothelfer. Seine Experten – ohne Honorar – schrieben an den Eilgesetzen mit, die verhindern halfen, dass deutsche Banken im Lehman-Strudel versanken und die Sparkonten der Deutschen gleich mit.

Fall Drei: Spezialisten gesucht

Als die Bundeswehr sich vor Jahren auf die Suche nach IT-Fachkräften machte, sorgte ein Werbe-Video für Heiterkeit in der Szene. Das Filmchen zeigte einen Stabsgefreiten, der auf einem schlammigen Truppenübungsplatz ein armdickes Kabel in ein Panzerfahrzeug bugsierte. Dass man als Cyber-Krieger vorrangig Kraft und warme Socken braucht, erwies sich als wenig zugkräftige Botschaft.

Besser also vorher einen Nerd-Berater fragen! In der Computer- und Digitaltechnik herrscht nach wie vor der größte Mangel an regierungseigenen Experten. Das Verteidigungsministerium weist in seiner Antwort an Höhn darauf hin, dass von den rund 155 Millionen Euro mehr als zwei Drittel, etwa 109 Millionen, allein auf den IT-Dienstleister BWI entfallen. Die GmbH im Bundesbesitz ist für die nicht-militärischen Teile der IT-Infrastruktur zuständig.

Auch bei ihr stehen Vorwürfe der Vetternwirtschaft mit externen Beratern im Raum. Unbestritten ist allerdings, dass der Bund ohne Zuarbeit in Sachen Digitalisierung keine Chance hätte. Das gilt für die eigene IT, es gilt aber genauso für Gesetzgebung oder das Urteil darüber, wo staatliche Förderung sinnvoll ist. Zu schnell sind die Entwicklungen, zu langsam die hierarchischen Strukturen der Ministerialapparate. Dass die Kosten für „externe Beratungs- und Unterstützungsleistungen“ in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind, dürfte einiges mit dem Siegeszug des Computers zu tun haben.

Auch bei anderen Fragen sind Ministerien auf externen Rat angewiesen. Ihre eigenen Abteilungen haben in der Regel genug Kompetenz, um Fach- oder Rechtsgutachten sachkundig zu beurteilen. Sie selbst zu erstellen, fehlt es oft wirklich an Zeit und Personal.

Übrigens greifen selbst Abgeordnete ganz gerne auf externen Rat zurück. Er heißt dann nur anders und kostet nicht so viel: Die Expertenanhörung ist fester Bestandteil vieler Gesetzgebungsverfahren. Auch Höhns Parteifreunde kommen nicht ohne Berater aus, sobald sie erst selbst die Regierung stellen. In Thüringen gab die erste rot-rot-grüne Landesregierung fast sechs Millionen Euro für Berater aus. Auch in Erfurt hatte der Rechnungshof sehr kritische Fragen.

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