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Extremismus: Rekordstand bei politisch motivierter Kriminalität

Im vergangenen Jahr haben die deutschen Sicherheitsbehören mehr politisch motivierte Straftaten registriert als jemals zuvor. Sie beklagen vor allem eine erhöhte Gewaltbereitschaft in den extremistischen Lagern. Zum ersten Mal seit vier Jahren kamen auch wieder Menschen ums Leben.

Bundesweit sei die politisch motivierte Kriminalität um 11,4 Prozent auf insgesamt 31.801 registrierte Straftaten gestiegen, teilte das Bundesinnenministerium mit. Dies sei der höchste Wert seit Beginn der Zählung 2001. Erstmals seit 2004 habe es auch wieder Todesopfer gegeben: Zwei Menschen haben durch rechtsextremistische Gewalt ihr Leben verloren. Der stärkste Anstieg in absoluten Zahlen sei bei der rechtsextremen Kriminalität zu verzeichnen. Die Statistik weist hier 20.422, auf linksextremistischer Seite 6724 Straftaten aus. Der Rest entfällt auf politisch motivierte Ausländerkriminalität (1484) und sonstige Delikte (3171). Die Aufklärungsquote sank den Angaben zufolge insgesamt, im Bereich der Gewaltdelikte verbesserte sie sich jedoch.

Innenminister Schäuble appelliert an demokratische Werte

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) nannte die Entwicklung beunruhigend. Bei der ideologischen Auseinandersetzung werde offenbar immer stärker auf Gewalt gesetzt, kritisierte er. Die Zahlen zeugten von einem fehlenden Verständnis für die Spielregeln, die in einer demokratischen Gesellschaft im Umgang mit anderen politischen Meinungen gälten. Schäuble verwies unter anderem auf den sprunghaften Anstieg der Sachbeschädigungen um knapp 45 Prozent, der offenbar im Zusammenhang mit Landtags- und Kommunalwahlen stehe.

Das deutliche Plus auf rechtsextremistischer Seite hängt nach Angaben des Innenministeriums auch mit einer Änderung der Statistik zusammen: Seit Anfang 2008 würden auch von Unbekannten verübte Propagandadelikte, also etwa Hakenkreuzschmierereien, grundsätzlich erfasst. Inzwischen machten diese Delikte knapp 70 Prozent aller rechten Straftaten aus. Außerdem gehe der Anstieg auf das Konto der "Autonomen Nationalisten", also von Rechtsextremisten, die in Sprache und Kleidung wie die Anhänger des linksextremen Schwarzen Blocks auftreten. Dadurch übten sie gerade auf Jugendliche eine stärkere Anziehungskraft aus, als es die konventionelle rechte Szene bislang vermochte. Die Autonomen Nationalisten ständen daher seit dem letzten Jahr verstärkt im Fokus der Sicherheitsbehörden, so das Bundesinnenministerium mit.

Auch deutlich mehr Straftaten von Links

Auffallend sei auch die Zunahme der linksextremistischen Kriminalität, obwohl es 2008 kein zentrales Ereignis wie den G-8-Gipfel 2007 in Heiligendamm gab. In diesem Bereich ging es nach Angaben des Ministeriums vor allem um Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit Landtagswahlkämpfen, bei denen häufig Wahlplakate missliebiger Parteien beschmiert und zerstört werden, und um Zusammenstöße mit rechten Gruppen. Den größten Anteil bei den linken Straftaten machten mit knapp 50 Prozent die Sachbeschädigungen aus. In Berlin etwa setzen mutmaßliche Linksextremisten immer wieder teure Autos in Brand.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nannte den Anstieg der politisch motivierten Kriminalität alarmierend. Sinnlose Zerstörungswut werde immer mehr ausgelebt. Dies zeige, dass die Polizei für die traditionellen Krawalle am 1. Mai mit allem rechnen müsse. (rf/Reuters)

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