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Facebook soll schneller Daten an Sicherheitsbehörden liefern.

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Update

Facebook und Kriminalität: Kommt jetzt der Lauschangriff auf soziale Medien?

Mehrere Bundesländer wollen soziale Netzwerke per Gesetz zur Kooperation mit den Sicherheitsbehörden verpflichten. Facebook wehrt sich. NRW-Innenminister Jäger hält das für "dreist".

Kommunikation ist das Geschäft von Facebook und anderen sozialen Netzwerken. Registrierte Nutzer können sich über ihre Seiten im Internet austauschen, Fotos veröffentlichen und Kontakte schließen. An der Kommunikation der Netzwerke selbst gibt es hingegen immer wieder Kritik. Hotlines haben sie meist nicht, Anfragen nehmen sie nur schriftlich entgegen. Das gilt auch für Sicherheitsbehörden, die gegen Extremisten und Terroristen vorgehen. Doch die scheitern nicht selten. Viele ihrer Anfragen insbesondere bei Facebook liefen ins Leere, heißt es aus deutschen Innenministerien. Laut Facebook liegt das vor allem daran, dass Anfragen nicht richtig gestellt und daher nicht bearbeitet werden könnten.

NRW-Innenminister Ralf Jäger sagte dazu dem Tagesspiegel: „Die Behauptung von Facebook ist dreist. Die deutschen Ermittlungsbehörden wissen, wie sicherheitsrelevante Informationen erfragt werden. Aber Facebook reagiert oft nicht einmal auf solche Anfragen. Auch dann nicht, wenn es um Hass und Hetze geht. Offensichtlich fehlt Facebook die klare Haltung und der Wille, der Polizei zu helfen.“

Auch nach den jüngsten Gewalttaten in Deutschland hatten deutsche Sicherheitsbehörden zum Teil erhebliche Schwierigkeiten, an die Profil-Daten der Täter heranzukommen. Mehrere Bundesländer fordern daher nun eine gesetzliche Pflicht für soziale Netzwerke wie Facebook zur schnellen Herausgabe von sensiblen Daten.

Klar ist: Die grenzenlosen und globalen Netzwerke sind auch für Kriminelle und Terroristen interessant. So bieten seit langem auch Schlepper via Facebook ganz ungeniert ihre Dienste an, informieren Menschen, die von Afrika oder Afghanistan aus nach Europa wollen, über Routen und Preise etwa für eine Überfahrt über das Mittelmeer. Ihre Angebote lesen sich fast wie die von ganz normalen Reisebüros. Die Urheber sitzen vielleicht in Niger oder anderen exotischen Staaten, wo sie kaum damit rechnen müssen, zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Auch Extremisten nutzen soziale Netzwerke, um ihre Propaganda zu verbreiten oder neue Kämpfer anzuwerben. Für ihre Internet-Aktivitäten und die ihrer Sympathisanten interessieren sich Sicherheitsbehörden auf der ganzen Welt. Auch deutsche. Wer bekennt sich hier zu Terrororganisationen wie dem „Islamischen Staat“, wer ruft vielleicht sogar zu Gewalttaten auf? Der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, betonte am Montag in der „Rheinischen Post“, soziale Netzwerke seien ein wichtiges Kommunikationsmittel für Dschihadisten. „Daher ist eine enge Kooperation der Sicherheitsbehörden mit den Betreibern sozialer Medien notwendig.“

Über Facebook zu den Hintermännern des Terrors

Nach den Anschlägen in Ansbach und in einem Regionalzug bei Würzburg war es beispielsweise wichtig zu erfahren, mit wem die Attentäter im Internet gechattet haben und welche Links sie gesetzt haben. Ihre Facebook-Profile können zu Auftraggebern oder möglichen Komplizen führen. Im Fall des Amokläufers von München stellte sich die Frage nach möglichen Hintermännern aus der Terrorszene.

Die Ermittler sind bei ihren Recherchen auf die Zusammenarbeit mit den Netzwerkbetreibern angewiesen. Doch während diese Seiten mit Propaganda- und Hetzinhalten inzwischen relativ zügig sperren, sind sie bei der Herausgabe von Daten eher zurückhaltend. Der Druck steigt, noch hält es Facebook aber offensichtlich nicht für nötig, auf Kritik wie jetzt aus Deutschland zu reagieren.

Die jüngsten Forderungen aus den Bundesländern erwiderte das Unternehmen mit einer kurzen allgemein gehaltenen Erklärung – und zusätzlichen sogenannten Hintergrundinformationen an Journalisten, die jedoch nicht veröffentlicht werden dürfen. „Wir haben und werden weiter die Ermittlungen bei Strafverfolgungen unterstützen, um Terrorismus in Deutschland zu bekämpfen“, heißt es in der Erklärung. Insbesondere während der Attacken in Bayern habe Facebook die Behörden rund um die Uhr unterstützt.

Doch ausgerechnet Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist mit der Zusammenarbeit ganz und gar nicht zufrieden. In der „Welt am Sonntag“ verlangte er „verbindliche Regelungen“ für soziale Netzwerke wie Facebook. „Dadurch muss sichergestellt werden, dass sie bei Auskunftsersuchen beauftragte Ansprechpartner im Inland zur Verfügung stellen und Anfragen zeitnah beantworten“, sagte Herrmann. Zudem müssten standardisierte Auskünfte nach Bestands- und Nutzungsdaten deutlich vereinfacht und beschleunigt werden.

Bisher müssen die deutschen Behörden ihre Anfragen nämlich nicht nur schriftlich an Facebook richten, sie können sie außerdem nur direkt an die Konzernzentrale in den USA schicken. Entsprechend müssen sie sich an US-Recht orientieren und die dort gültigen formalen Kriterien erfüllen. Da dies den deutschen Behörden Probleme bereitet, bietet Facebook inzwischen Schulungen für Ermittler an. Die verlassen sich einstweilen allerdings lieber auf bewährte Kanäle und bitten beispielsweise das FBI um Amtshilfe. So auch nach dem Angriff eines jungen afghanischen Flüchtlings auf Fahrgäste eines Regionalzuges bei Würzburg, wie die „Welt am Sonntag“ berichtet.

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