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Politik: Fahnenflucht - nach seinem Rücktritt wäre Oskar Lafontaine gerne wieder wichtig

Am schönsten sind für ihn die Tage, an denen alles noch ein wenig wie früher ist. So wie damals, als Oskar Lafontaine noch so richtig wichtig war.

Von Matthias Meisner

Am schönsten sind für ihn die Tage, an denen alles noch ein wenig wie früher ist. So wie damals, als Oskar Lafontaine noch so richtig wichtig war. Zum Beispiel bei der Kundgebung zum 1. Mai im Deutsch-Französischen Garten in Saarbrücken, wo 12 000 Leuten kommen und Oskar noch immer super finden. Oder bei der Pressekonferenz auf der Buchmesse in Frankfurt am Main, wo sich Lafontaine, der Sozialdemokrat ohne Amt, vom PR-Wirbel noch einmal nach vorn blasen lässt.

Es sind die Augenblicke, wo jeder sehen kann, dass Oskar Lafontaine gern noch einmal bedeutsam wäre. Der Politiker, der so spektakulär zurückgetreten ist wie noch keiner vor ihm im Nachkriegsdeutschland - an jenem Donnerstag, 11. März, als er das Amt des Bundesfinanzministers und SPD-Vorsitzenden abgab und sich zum Privatmann erklärte. 136 Tage hatte er regiert, recht machte er es den wenigsten. Aus dem einstigen Männerfreund Gerhard Schröder wurde spätestens in diesen ersten rot-grünen Wochen in Bonn ein Rivale. Kein Blatt sollte zwischen die beiden passen, und am Ende passte keinem am anderen irgendetwas.

Am Ende? Auch nach seinem Rücktritt lebt der Saarländer davon, dass niemand weiß, was er wirklich vorhat. Lange lässt er seine Genossen im Unklaren, ob er beim SPD-Bundesparteitag im Dezember in Berlin auftreten - oder es bei seinem Buch als "Parteitagsrede" belassen soll. Mit Söhnchen Carl-Maurice und Frau Christa Müller zeigt er sich als glücklicher Familienvater, bei Vorträgen im In- und Ausland redet er, als sei er noch im Amt. "Wir Sozialdemokraten... ", beginnt er dann so manchen Satz - um gegen den "Irrweg des Neoliberalismus" zu kämpfen, den er auch in den Reihen seiner Partei ausgemacht hat.

Lafontaine, eine tragische Figur? Vor der überstürzten Einheit hat er 1990 gewarnt - um dann als Kanzlerkandidat zu scheitern. Die Liebe der Partei hat er nach dem Putsch auf dem Mannheimer Parteitag im Jahre 1995 gewonnen - um dann dieses Pfund zu überschätzen. Doch nachdem er fahnenflüchtig wurde, ist es offenbar endgültig zu spät. Lafontaine mag ja noch etwas wollen - aber die Sozialdemokratie, sie will ihn nicht mehr.

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