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Politik: Fakten statt Werte

Südwest-CDU versöhnt sich – hinter Oettinger

Schwäbisch Gmünd - 14 Jahre hat er gewartet, da kommt es auf ein paar Minuten nicht mehr an. Günther Oettinger, der Noch-Nicht-Spitzenkandidat, lehnt sich ein wenig angestrengt zurück. Denn jetzt feiern die knapp 400 Delegierten des CDU-Sonderparteitages erst einmal Erwin Teufel, ihren Noch-Vorsitzenden, Noch-Ministerpräsidenten. Nach seiner dreiviertelstündigen Bilanz, wie toll es dem Land trotz allem geht, ist der Beifall erst nur freundlich. Doch dann stehen sie auf, der Applaus wird rhythmisch: Nach monatelangen Querelen um die Nachfolge soll in der Südwest-CDU nichts die Harmonie trüben. Teufel sagt, jetzt gelte es, „den innerparteilichen Kampf zu beenden und sich auf den wirklichen Gegner Rot-Grün zu konzentrieren“.

Für einen kurzen Moment macht er dennoch klar, wo seine Präferenzen liegen: bei Annette Schavan, die ihren parteiinternen Wahlkampf über die Spitzenkandidatur mit einer Wertedebatte geführt hatte. Und nicht beim ungeliebten Oettinger, dem Fraktionschef, der vor allem durch Detailwissen brilliert. „Politik“, raunzt Teufel, „braucht eine Orientierung an Werten und nicht an Sachwissen.“ Droht da ein letzter Eklat? Zeigt der störrische Katholik vom Lande dem smarten, städtisch geprägten Protestanten noch mal seine ganze Abneigung wie kurz nach dem Mitgliedervotum? Als er mit Eisesmiene dem Sieger des Duells Schavan/Oettinger die Hand quasi nur im Vorbeigehen drückte? Nein, auch Teufel spürt den Wunsch nach Geschlossenheit. Und für den Fall, dass es letzte Widerstandsnester gibt, tritt die mit 40 Prozent aus der Basisbefragung als Verliererin hervorgegangene Annette Schavan in die Bütt: „Das Ziel für heute ist klar: Wir müssen wieder geschlossen sein.“

Der 51 Jahre alte Oettinger redet nicht minder lange wie Teufel zuvor. Sein Tenor ist verhaltener: Wohl stehe das Land gut da. Aber oft ergänzt er „noch“. Es folgt eine Flut von Fakten, wie immer im Stakkato, Silben, bisweilen ganze Wörter fallen dem Redeschwall zum Opfer. Erst bei Schavan hält er inne: Vor „Dir, liebe Annette“, habe er tiefen Respekt. Später spendet Teufel verhalten, aber deutlich Beifall, blickt seinem Nachfolger ins Gesicht, als der die Kontinuität als eine der Stärken der Südwest-CDU rühmt. Noch immer wurde hierzulande der Fraktions- schließlich zum Regierungschef. Mit 94,7 Prozent – die CDU-eigene Zählweise lässt Enthaltungen außer acht – ist Oettinger nun Spitzenkandidat. Sichtlich beeindruckt spricht der von einer „tollen Zahl“. Am 21. April wird der Stuttgarter Landtag Oettinger zum Ministerpräsidenten wählen, eine Woche drauf erbt er auf einem weiteren Parteitag auch das Amt des Landesvorsitzenden. 2006 will sich Teufel nach der Landtagswahl endgültig aus der Politik zurückziehen.

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