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Fall Kurnaz: Opposition fordert "schonungslose Aufklärung"

Die Opposition hat von der Bundesregierung dringend eine Aufklärung der schweren Vorwürfen des Bremer Türken Murat Kurnaz gefordert. Kurnaz wurde eigenen Angaben in einem US-Gefängnis in Afghanistan von deutschen Soldaten misshandelt.

Berlin - Der FDP-Obmann im Untersuchungsausschuss zu den Geheimdienstaffären, Max Stadler, sagte: "Die Bundesregierung muss umgehend dazu Stellung nehmen." Eine bloße Kommentierung in Geheimgremien des Bundestags reiche nicht aus. Stadler wollte die Vorwürfe zunächst nicht bewerten. Auch das Grünen-Ausschussmitglied Hans-Christian Ströbele forderte eine "schonungslose Aufklärung". Wenn die Vorwürfe zuträfen, wäre dies nicht nur eine Straftat, sondern "ein politischer Skandal erster Ordnung".

Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), hielt hingegen den Vorwurf, dass deutsche Staatsbeamte einen Gefangenen misshandelt hätten, für "schlichtweg absurd". Er verwies darauf, dass dies ein "strafbewehrtes Dienstvergehen" wäre und die Beamten dann sofort suspendiert werden müssten. Nach seinen Worten wird sich der Ausschuss wie geplant bis Jahresende mit der Verschleppung des Deutsch-Libanesen Khaled al Masri vermutlich durch den US-Geheimdienst CIA befassen. Der Fall Kurnaz soll ab Anfang nächsten Jahres untersucht werden.

Ströbele sagte, die Untersuchungen zum Fall al Masri könnten auch unterbrochen und der Fall Kurnaz zwischengeschoben werden. Er sei schon immer dafür gewesen, den Fall zeitnah zu untersuchen. Auch habe er schon mehrfach Auskunft darüber verlangt, was die Eliteeinheit KSK eigentlich in Afghanistan mache und ob sie auch selbst Gefangene nehme, welche dann an die Amerikaner übergeben würden. Offenbar habe es sich bei dem Vorfall in einem US-Geheimgefängnis im afghanischen Kandahar noch nicht einmal um ein Verhör gehandelt. Auch der Anwalt von Kurnaz, der Bremer Jurist Bernhard Docke, sagte, es sei völlig unklar, was die Soldaten von Kurnaz gewollt hätten oder was ihre Rolle im Lager gewesen sei.

Stadler ging eher davon aus, dass es beim Zeitplan des Ausschusses bleibe. Er verwies darauf, dass eine Aussage von Kurnaz nun zwar umso dringlicher sei. Doch müsse auf den körperlichen und psychischen Gesundheitszustand des Betroffenen Rücksicht genommen werden. Kurnaz habe in der Haft "Schreckliches" erlebt. Besonders dringend müsse dabei aufgeklärt werden, ob die Bundesregierung den Gefangenen früher hätte freibekommen können. Kurnaz' Anwalt prüft, ob er Klage gegen die Bundesregierung wegen Freiheitsberaubung durch Unterlassung sowie gegen die zwei Soldaten wegen möglicher Körperverletzung im Amt erheben soll. (tso/AFP)

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