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Fall Kurnaz: Steinmeier soll in Planungen einbezogen gewesen sein

Bundesaußenminister Steinmeier war angeblich unmittelbar in die Planungen einbezogen, die Rückkehr des Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz nach Deutschland zu verhindern.

Berlin - Regierung und Opposition streiten über den Fall des jahrelang im US-Gefangenenlager Guantanamo festgehaltenen Murat Kurnaz. Der in Bremen geborene Kurnaz war 2001 von US-Streitkräften zunächst im afghanischen Kandahar, später dann in Guantanamo inhaftiert worden. Erst im August 2006 kam er nach diplomatischer Intervention durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) frei.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verteidigte das Vorgehen der Bundesregierung. FDP und Grüne warfen dem Minister vor, die Öffentlichkeit hinzuhalten. Mehrere Zeitungen brachten weitere Einzelheiten ans Licht.

Bericht: "Wiedereinreise ist nicht erwünscht"

Unter Berufung auf ein Schreiben vom 30. Oktober 2002 an den damaligen Innenstaatssekretär Claus Henning Schapper sei detailliert das rechtliche Vorgehen erörtert worden, mit dem Kurnaz die Aufenthaltsgenehmigung entzogen werden sollte. Es habe mit dem Hinweis "Information Steinmeier" sowie Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz und Auswärtiges Amt geendet, wie die "Berliner Zeitung" berichtet.

Dem Bericht zufolge heißt es in dem Schreiben unter anderem: "Eine Rückkehr in die Bundesrepublik wird offenbar angestrebt. Zwischen Bundeskanzleramt und BMI (Bundesinnenministerium) besteht Einvernehmen, dass eine Wiedereinreise nicht erwünscht ist." Hintergrund des Einvernehmens war laut "Berliner Zeitung" offenbar die Sorge, Kurnaz könne bei einer Rückkehr nach Deutschland erfolgreich gegen eine Ausweisung klagen, weil ihm die deutschen Behörden keine extremistischen Bestrebungen hätten nachweisen können. So heiße es in dem Papier: "Dünne Beweislage zum terroristischen Hintergrund würde jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen provozieren, während der Ausländer in Deutschland lebt."

Regierungsbericht soll entlastende Fakten verschwiegen haben

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 war laut Steinmeier die Priorität der Bundesregierung, "die Sicherheit von 82 Millionen Menschen in Deutschland zu garantieren". Er fügte hinzu: "Führende Köpfe der Anschläge von New York und Washington kamen aus Hamburg. Und es gab weitere Gruppen und Netzwerke von gewaltbereiten Islamisten in anderen deutschen Städten."

Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", Steinmeier betreibe ein "merkwürdiges Verwirrspiel". Die Frage nach personellen Konsequenzen bleibe so lange aktuell wie die Unklarheiten nicht glaubwürdig ausgeräumt würden. Der PKG-Vorsitzende Max Stadler (FDP) sagte der Chemnitzer "Freien Presse", es gebe keinen Grund, dass Steinmeier "nicht umgehend die Öffentlichkeit informiert". (tso/AFP/ddp)

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