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Fall Oettinger: Demonstrative Eingkeit

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich mit ihrer öffentlichen Kritik an Günther Oettinger nicht nur Freunde in der CDU gemacht. Laut einer Umfrage hat Oettinger seinem Ansehen mit der Affäre sehr geschadet.

Stuttgart - Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hat auch nach der von ihm korrigierten Trauerrede für Ex-Regierungschef Hans Filbinger (CDU) den Rückhalt der Parteibasis im Südwesten. Allerdings sehen gut drei Viertel der Wahlberechtigten in Baden-Württemberg Oettingers Ansehen laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Südwestrundfunks (SWR) nach der Korrektur seiner Ansprache beschädigt. Die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel demonstrierte kurz vor ihrer Rede bei der europäischen Handwerkermesse in Stuttgart Einigkeit mit Oettinger.

Nach widersprüchlichen Berichten über die Mitgliedschaft des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger in der NSDAP liegt jetzt der Beweis dafür vor. Das Bundesarchiv hat den 1937 von Filbinger handschriftlich ausgefüllten Antrag auf Mitgliedschaft in der Partei sowie seine Mitgliedskarte archiviert. Hans-Dieter Kreikamp, Leiter der Abteilung Deutsches Reich des Bundesarchivs in Berlin, bestätigte einen entsprechenden Bericht des "ARD-Morgenmagazins".

"Die Stimmung ist gut"

Oettinger, der auch CDU-Landesvorsitzender ist, hatte bei der Trauerfeier am vergangenen Mittwoch in Freiburg gesagt, Filbinger sei ein "Gegner des NS-Regimes" gewesen. Nach massivem Druck auch aus der eigenen Partei und der Rüge Merkels hatte sich Oettinger von dieser Einstufung Filbingers, der 1945 als NS-Marinerichter mit Todesurteilen gegen Deserteure befasst war, distanziert.

Mit demonstrativem Applaus empfingen die CDU-Landtagsabgeordneten Oettinger zur Fraktionssitzung. "Die Stimmung ist gut, die Affäre ist für uns beendet", sagte Wissenschaftsstaatssekretär Dietrich Birk - mit Blick auf die CDU-Vorsitzende sagte der Staatssekretär im Finanzministerium, Gundolf Fleischer: "Ich halte das Vorgehen der Kanzlerin für nicht angemessen." Die Position Oettingers sei in seinen Augen "nach wie vor richtig". Es gebe keinen Grund, ihn dafür zu kritisieren.

CDU auf Kreisebene verärgert über Merkel

Unterstützung für Oettinger äußerten auch zahlreiche CDU-Mitglieder auf Kreisebene. "Über Merkel gibt es eine gewisse Verärgerung. Manche sagen, durch ihre öffentliche Kritik sei das Ganze erst hochgekocht worden", sagte der Kreisvorsitzende der CDU Esslingen, Thaddäus Kunzmann. "Oettinger genießt bei den Mitgliedern große Solidarität. Er wurde in einer Art Hetzjagd in die Ecke gedrängt."

Auf Bundesebene geht der Streit in der CDU über Merkels öffentliche Rüge indes weiter. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm warf Merkel parteischädigendes Verhalten vor. CDU-Präsidiumsmitglied Hildegard Müller wies die Kritik zurück. "Ich halte die Äußerungen für falsch", sagte Müller der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". "Frau Merkel ist richtig vorgegangen. Und sie hat die Stimmung in der Partei getroffen."

Nach der SWR-Umfrage sehen 57 Prozent der rund 1000 Befragten den Stuttgarter Regierungschef als beschädigt, weitere 19 Prozent fordern sogar den Rücktritt. Nur ein Fünftel (19 Prozent) der Befragten meinte, die Affäre habe Oettinger nicht geschadet. Mehr als zwei Drittel halten es für richtig, dass er seine Aussagen zurücknahm. (tso/dpa)

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