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Politik: Fall Potsdam: Tatverdächtige freigelassen

Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof hebt Haftbefehle auf / Opfer kann sich nicht an Vorfall erinnern

Von Frank Jansen

Berlin - Im Fall des in Potsdam schwer verletzten Deutschäthiopiers Ermyas M. gibt es eine überraschende Wende. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hob am Dienstag den Haftbefehl gegen die beiden Tatverdächtigen auf. Björn L. und Thomas M. kamen frei. Beide Männer sind allerdings weiterhin verdächtig, sich an der Gewalttat beteiligt zu haben. Generalbundesanwalt Kay Nehm beschuldigt Björn L. und Thomas M., sie hätten in der Nacht zum Ostersonntag Ermyas M. nahe dem Potsdamer Bahnhof Charlottenhof attackiert. Dabei soll dem Deutschafrikaner mindestens ein wuchtiger Schlag gegen den Kopf versetzt worden sein. Ermyas M. wurde mit einer lebensgefährlichen Verletzung in ein Krankenhaus eingeliefert. Die Tat löste weit über Potsdam hinaus Entsetzen aus. Generalbundesanwalt Kay Nehm zog die Ermittlungen an sich.

Nach Informationen des Tagesspiegels hat die Polizei am Montag versucht, mit Ermyas M. über das Geschehen in der Nacht zum Ostersonntag zu sprechen. Der Deutschäthiopier konnte sich jedoch nicht an die Tat erinnern. Die Polizei bezweifelt auch, dass Ermyas M. sein Erinnerungsvermögen wiedererlangt.

Generalbundesanwalt Kay Nehm prüft, gegen die Aufhebung der beiden Haftbefehle Beschwerde einzulegen. Die Entscheidung soll an diesem Mittwoch fallen. Der Richter hatte nach der Festnahme von Björn L. und Thomas M. Haftbefehle wegen des dringenden Verdachts auf versuchten Mord erlassen. Im Mai wurden beide Haftbefehle geändert: Nun war nur noch vom einfachen Verdacht auf versuchten Mord sowie dringendem Tatverdacht der gefährlichen Körperverletzung die Rede. Jetzt jedoch sagt der Ermittlungsrichter, in der „Gesamtschau“ auf den gegenwärtigen Ermittlungsstand könnten keine „ausreichend sicheren Schlüsse im Hinblick auf den dringenden Verdacht der Tatbeteiligung gezogen werden“. Ein einfacher Tatverdacht besteht jedoch weiter. Außerdem sei keines der Indizien, die bislang die Annahme dringenden Tatverdachts rechtfertigten, entfallen, heißt es in den Beschlüssen. In Sicherheitskreisen wurden die Beschlüsse des Ermittlungsrichters am Bundesgerichtshof als „kryptisch“ und widersprüchlich bezeichnet.

Der Generalbundesanwalt hatte seinen Tatvorwurf unter anderem auf rassistische Beleidigungen wie „Nigger“ und „Scheißnigger“ gestützt, die auf der Mailbox des Telefons der Frau von Ermyas M. gespeichert waren. Nach Ansicht Nehms ist auf dem während der Tat aufgenommenen Mitschnitt Björn L. zu vernehmen, der wegen seiner hohen Stimme von Freunden „Piepsi“ genannt wird. Die beiden Beschuldigten bestreiten allerdings, zur fraglichen Zeit am Tatort gewesen zu sein. Björn L. wurde am Dienstag von seinem Anwalt aus der Haftanstalt Wulkow (bei Neuruppin) abgeholt, Thomas M. von seinem Verteidiger vor dem Gefängnis in Brandenburg/Havel in Empfang genommen.

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