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Fall Rahman: Merkel schaltet sich ein

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich persönlich in die Bemühungen um Abdul Rahman eingeschaltet, dem in Afghanistan wegen seines Übertritts zum Christentum die Todesstrafe droht.

Berlin/Brüssel/Kabul - Die Kanzlerin telefonierte am Donnerstag mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai und zeigte sich im Anschluss verhalten optimistisch. Der Richter in dem international kritisierten Prozess verbat sich unterdessen jede Einmischung von außen.

Afghanistans Wirtschaftsminister Amin Farhang stellte unterdessen in Aussicht, dass der Prozess wegen Unzurechnungsfähigkeit des Angeklagten platzen könnte. «Ein Richter hat festgestellt, dass Herr Rahman geistig nicht ganz in Ordnung ist», sagte Farhang dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Freitag). «Ich hoffe und vermute, dass die Sache so ausgeht.»

Kanzlerin Merkel sagte, sie habe den Eindruck gewonnen, dass auf afghanischer Seite «der feste Wille besteht», internationale Verpflichtungen einzuhalten. Sie betonte vor einem Treffen der Vorsitzenden von Europas konservativen Parteien nahe Brüssel: «Ich hoffe, dass wir zu einer Lösung kommen.»

Der zuständige Richter in dem international kritisierten Prozess verbat sich allerdings jede Einmischung von außen. Aus dem Präsidentenpalast in Kabul hieß es, die afghanische Justiz sei unabhängig. «Wir wollen uns in diese Angelegenheit nicht einmischen.» Im Falle eines Todesurteils für Rahman müsste Präsident Karsai jedoch die Vollstreckung anordnen.

Rahman, der lange in Deutschland lebte, ist von der Hinrichtung bedroht, weil er vor 16 Jahren zum Christentum übergetreten ist. Richter Ansarullah Maulawisada sagte der dpa in Kabul: «Wir werden unserer Verfassung folgen, die auf der islamischen Scharia basiert.» Für den Fall, dass Rahman eine Rückkehr zum Islam ablehnt, sei es aber zu früh, Aussagen über ein Urteil zu treffen, betonte Maulawisada. Vor wenigen Tagen hatte er noch gesagt, sollte Rahman sich nicht vom Christentum abwenden, habe das Gericht keine andere Wahl als ihn zum Tode zu verurteilen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck zeigte sich dennoch optimistisch, dass es kein Todesurteil geben werde. Er gehe davon aus, dass Karsai und die afghanische Regierung eingreifen werden, sagte Struck dem Fernsehsender N24. Auch der UN-Beauftragte für Afghanistan, Tom Koenigs (Grüne), äußerte sich im Deutschlandradio Kultur zuversichtlich, «dass sich der Fall relativ bald auflösen» werde.

Stoiber mahnt

Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber mahnte, Afghanistan habe sich zur Einhaltung der internationalen Menschenrechtskonventionen verpflichtet. Aus Deutschland und Europa müsse daher das klare Signal kommen: «So geht es nicht.» Neben den USA und Deutschland haben auch die Vereinten Nationen, Kanada, Großbritannien und Italien zur Achtung der Religionsfreiheit in Afghanistan aufgerufen.

In Deutschland wird unterdessen weiter um mögliche Konsequenzen aus dem Fall Rahman gestritten. Während Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor voreiligen Sanktionsdrohungen warnte, stellte der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Winfried Nachtwei, weitere deutsche Hilfsleistungen in Frage. «Wenn es zu einer Verurteilung käme, müssten einzelne Aspekte der deutschen Unterstützung überprüft werden», sagte Nachtwei dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Donnerstag).

Aus der FDP hatte es bereits die Forderung gegeben, im Falle einer Verurteilung die deutschen Solaten aus Afghanistan abzuziehen. Steinmeier mahnte in der ARD hingegen zur Zurückhaltung: Man sollte «noch nicht jedes Geschütz schon zu diesem Zeitpunkt auffahren».

(tso/dpa)

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