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Politik: Falscher Fuchs

Wie es dazu kam, dass sich der Verteidigungsminister beim Kanzler für falsche Informationen entschuldigen musste

Von Hans Monath

Eine schlimmere Kommunikationspanne hätte der Regierung auf dem Feld der Außen- und Sicherheitspolitik kaum unterlaufen können: Ausgerechnet beim Versuch, endlich Klarheit über die deutsche Antwort auf amerikanische und israelische Anfragen nach Militärhilfe zu schaffen, verbreitete der Kanzler am Mittwoch eine brisante Fehlinformation. Israel habe nach ABC-Spürpanzern vom Typ Fuchs gefragt – und die Koalition sei aus moralischen und historischen Gründen bereit, das Defensivgerät zu liefern, erklärte Gerhard Schröder am Nachmittag vor der Presse. Wenige Stunden später musste das Verteidigungsministerium klarstellen: Es gab nie eine solche Anfrage, die Israelis hatten vielmehr um Fuchs-Mannschaftstransportpanzer gebeten. Weil die aber keine Defensivwaffen sind und in den besetzten Gebieten nützlich sein können, muss die Bundesregierung nun neu entscheiden.

Nicht nur die Opposition geißelte den Fehler am nächsten Tag. So warf Unionsfraktionsvize Wolfgang Schäuble dem Bundeskanzler Oberflächlichkeit und schlampige Vorbereitung vor. Auch der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Nachtwei, nahm kein Blatt vor den Mund und sprach von einem peinlichen Fehler, der nicht hätte passieren dürfen. Das war angesichts der Stimmung im außen- und sicherheitspolitischen Apparat der Bundesregierung noch moderat ausgedrückt. Schnell bemühte sich das Kanzleramt am Donnerstag, einen Verantwortlichen für die Fehlleistung zu präsentieren. Schließlich entschuldigte sich Verteidigungsminister Peter Struck öffentlich bei seinem Kanzler.

In Strucks Haus nämlich hatte ein Beamter den entscheidenden Fehler begangen. Dort war am Dienstag ein Fax des israelischen Heeresinspekteurs an seinen deutschen Kollegen eingegangen. Das englische Schreiben enthielt die Bitte um überzählige („surplus“) Fuchs-Panzer und nannte dabei keine Stückzahlen. Zwar war das Fax schwer lesbar, weil es der deutsche Militärattaché an der Botschaft in Tel Aviv nach Berlin weitergeleitet hatte. Doch ausdrücklich war von gepanzerten Fahrzeugen für den Transport von Mannschaften die Rede - also keineswegs von defensiven ABC-Spürpanzern.

Doch Strucks Apparat stand wie die ganze Regierung unter Druck: Am Mittwoch sollte der Kanzler die Fraktionschefs über die Anfragen aus Washington und Tel Aviv informieren. Im Zusammenhang mit der Debatte um die deutschen ABC-Füchse in Kuwait wurde das Schreiben ungeprüft als Anfrage nach den defensiven Spürpanzern interpretiert. Ohne Abstimmung mit Beamten anderer Häuser gab Struck die Information über die vermeintliche Anfrage an Schröder weiter. Der Kanzler entschied, dass Berlin helfen müsse, und erklärte dies den Fraktionschefs.

Nun gibt es eine Kanzler-Zusage für ein Gerät, dass Israel gar nicht haben will. Formal hätte auch die Lieferung der ABC-Spürpanzer noch vom Bundessicherheitsrat genehmigt werden müssen. Das geheim tagende Gremium, dem nur wenige Minister angehören, muss nun auch über den Export der Radpanzer zum Mannschaftstransport entscheiden, die Israels Armee einsetzen will.

Doch in den letzten Jahren hat sich die Regierung bei israelischen Anfragen sehr zurückhaltend gezeigt. Denn die rot-grüne Koalition verweist gern darauf, dass sie die Rüstungsexportrichtlinien verschärft und Lieferungen in Spannungsgebiete untersagt hat.

Aus Verantwortung gegenüber Israel, zum Schutz seiner Bevölkerung vor einem Angriff mit biologischen oder chemischen Waffen hätte die Koalition die ABC-Spürpanzer genehmigt. Die Bitte nach den Transportern aber gilt nun als ganz normale Exportanfrage – und soll auch so behandelt werden.

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