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Die SPD möchte insbesondere Alleinerziehende und Familien mit kleinen und mittleren Einkommen stärker unterstützen.

© Jens Kalaene/dpa

Familienförderung: SPD sucht die Machtprobe mit Wolfgang Schäuble

Alle sozialdemokratischen Minister springen Familienministerin Manuela Schwesig im Streit um mehr Hilfen für Eltern und Kinder bei. Finanzminister Schäuble will zwar das Kindergeld erhöhen, aber Alleinerziehende und Eltern mit mittlerem und geringem Einkommen nicht besser stellen

Von Hans Monath

Für Manuela Schwesig begann ihre aktuelle USA-Reise mit zwei Erfolgserlebnissen: Erst durfte die deutsche Familienministerin auf einer UN-Konferenz in New York Glückwünsche zur Einführung der Frauenquote in ihrem Land entgegennehmen, dann folgte eine wichtige Nachricht aus Berlin: Die SPD stützt ihre Ministerin im Streit mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) um mehr Gerechtigkeit für Familien.

Alleinerziehende sollen stärker unterstützt werden

Schäuble will zwar das Kindergeld erhöhen, aber Alleinerziehende und Eltern mit mittlerem und geringem Einkommen nicht besser stellen. Den Sozialdemokraten gehen Schäubles Pläne zur Entlastung von Familien nicht weit genug. Alle SPD-geführten Ministerien brachten daher in der Ressortabstimmung Einwände gegen den Gesetzentwurf vor. Sie bestehen auf einem Gesamtpaket, das Alleinerziehende stärker unterstützt und auch Familien mit kleinen und mittleren Einkommen künftig besser hilft. Deshalb verlangen sie, auch den seit elf Jahren unveränderten Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu erhöhen, und berufen sich dabei auf Absprachen im Koalitionsvertrag.

Zudem will Schwesig den Kinderzuschlag ansteigen lassen, der Familien mit kleinem und mittleren Einkommen zugute kommt. Einzelnen SPD-Politikern reicht auch die geplante Anhebung des Kindergeldes um vier Euro in diesem und weitere zwei Euro im nächsten Jahr nicht. Vorgesehen ist im Entwurf auch eine verfassungsmäßig gebotene Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags, von dem vor allem Gutverdiener profitieren.

Aus eigener Tasche

Schäuble besteht darauf, dass Schwesig Leistungen für Familien, die über seinen Entwurf hinausgehen – etwa für Alleinerziehende –, aus dem eigenen Etat bezahlt, weil diese im Koalitionsvertrag nicht zu vordringlichen Aufgaben erklärt wurden. Die Familienministerin lehnt aber dafür eine Kürzung anderer Leistungen ihres Hauses ab. „Es kann nicht sein, dass die Alleinerziehenden leer ausgehen, obwohl Herr Schäuble Steuermehreinnahmen hat“, erklärte sie dazu am Montag. Schwesig stellt sich vor, dass Schäuble für diese Verbesserungen Geld verwendet, das für das Betreuungsgeld eingeplant, aber nicht vollständig abgerufen wurde.

In Deutschland gibt es rund 1,6 Millionen Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, das ist jede fünfte Familie. Die große Mehrheit von ihnen (1,4 Millionen) sind Frauen, nur zehn Prozent Männer (167.000). 80 Prozent der Alleinerziehenden steht laut aktuellen Studien weniger als das mittlere Einkommen der Familien zur Verfügung, sie sind damit im Vergleich zu Paarfamilien einem ungleich größeren Armutsrisiko ausgesetzt. Alleinerziehende werden bislang durch einen Entlastungsbetrag von 1308 Euro gefördert, den sie pro Jahr von der Steuer absetzen können.

Untersuchungen stützen Schwesigs Forderungen

Nach Ansicht der Familienministerin werden sie durch das derzeitige Steuersystem ungerecht behandelt. Dabei gehören diese Gruppe zu denen, die besonders viel leisten. Tatsächlich sind laut aktuellen Studien Alleinerziehende mit 67 Prozent genauso häufig erwerbstätig wie Mütter in Paarfamilien. Bei ihrer Forderung nach Verbesserungen beim Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende und Eltern mit geringem Einkommen sieht sich die Ministerin durch wissenschaftliche Expertise unterstützt. Die Evaluation familienpolitischer Leistungen durch unabhängige Institute war vor wenigen Jahren zu dem Schluss gekommen, dass gezielte Verbesserungen bei den finanziellen Leistungen auch mit geringem Mitteleinsatz die Lage von Eltern und Kindern verbessern könnten.

Schmid: Höheres Kindergeld für Alleinerziehende

Ein anderes Modell brachte der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) ins Gespräch. Er schlug vor, Alleinerziehenden einen Zuschlag zum Kindergeld von 100 Euro monatlich für das erste Kind und von 20 Euro für alle weiteren Kinder zu zahlen. Die Kosten für den Staat bezifferte Schmid mit gut einer Milliarde Euro, die allein vom Bund getragen werden sollten. „Alleinerziehende zu entlasten ist eine zentrale Frage der sozialen Gerechtigkeit“, sagte der SPD-Politiker der „Welt“. Der von Schmid vorgeschlagene Zuschlag würde unabhängig vom steuerpflichtigen Einkommen direkt gezahlt. „Dies hält den Betrag auch für die niedrigsten Einkommen konstant und diese profitieren somit relativ am stärksten“, sagte der Landesfinanzminister.
Der Vorsitzende der Senioren-Union der CDU, Otto Wulff, kritisierte die von Schäuble für die Kindergelderhöhung eingeplanten Beträge als „Brosamen“. Die CDU müsse sich die Frage stellen, was „uns die Enkelgeneration wirklich wert ist“, forderte Wulff. (mit AFP)

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