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Politik: Fatale Fehler – auf beiden Seiten

Zum dritten Jahrestag haben die USA Verblüffendes über Saddam Husseins Fehleinschätzungen erfahren, aber auch von Streit innerhalb der US-Militärführung über die Kriegsstrategie, insbesondere aus der „New York Times“. Korrespondent Michael Gordon konnte eine Pentagonstudie einsehen, die auf der Befragung höchster Vertreter des Saddam-Regimes und irakischen Dokumenten basiert.

Zum dritten Jahrestag haben die USA Verblüffendes über Saddam Husseins Fehleinschätzungen erfahren, aber auch von Streit innerhalb der US-Militärführung über die Kriegsstrategie, insbesondere aus der „New York Times“. Korrespondent Michael Gordon konnte eine Pentagonstudie einsehen, die auf der Befragung höchster Vertreter des Saddam-Regimes und irakischen Dokumenten basiert.

Demnach glaubte Saddam nicht an eine Invasion der USA, sondern fürchtete vor allem einen Aufstand der Schiiten nach intensiven US-Luftangriffen. Amerika, so sein Kalkül, fürchte Gefallenenzahlen, werde allenfalls, wie 1991, Städte in Grenznähe besetzen, aber nicht auf Bagdad vorstoßen. Seinem Militär misstraute er. Blutsverwandte ohne Kampferfahrung zog er erprobten Generälen vor. Drei Monate vor Kriegsbeginn eröffnete er der Armeeführung, dass er keine neuen Massenvernichtungswaffen besitze, was Überraschung und Demoralisierung auslöste. Als Rückgrat der Landesverteidigung setzte er auf Fedajin: politisch treu ergebene Guerilla in Zivil, aus der sich später der Widerstand formierte. Das Militär in Bagdad wurde nach Kurdistan und an die iranische Grenze verlegt. Mit dem Schutz der Hauptstadt betraute er Einheiten der Republikanischen Garde, verbot ihnen aber, untereinander zu kommunizieren, wohl aus Angst vor einem Putsch. Den Befehl erhielt ein alkoholabhängiger Cousin, Majid al Tikriti.

Im Streit um Massenvernichtungswaffen kam es zu folgenreichen Missverständnissen vor dem Krieg. Damit die UN-Kontrolleure nichts finden und um den USA keinen Vorwand zu liefern, ließ Saddam Altbestände, die die UN kannten, räumen – die USA sahen darin den Beleg, da würden Spuren neuer Produktion verwischt.

In den ersten Kriegstagen wäre US-General William Wallace fast gefeuert worden. Er hatte den geforderten raschen Vormarsch auf Bagdad unterbrochen, um die Fedajin unterwegs niederzukämpfen. Dies unterblieb, er musste den Tempovorstoß fortsetzen. In Verteidigungsminister Rumsfelds Konzept war Schnelligkeit wichtiger als Übermacht. Es waren nicht genug Truppen für beide Aufgaben im Irak. Dies gilt heute als Fehler. Anfang April rückten die ersten Amerikaner in Bagdad ein. Die Erste Kavallerie-Division (16 000 Mann) wurde nicht mehr, wie geplant, nach Irak verlegt. Das begünstige Chaos und den Aufbau des Widerstands.

Am dritten Jahrestag des Irakkriegs ist Präsident George W. Bush in einem Umfragetief, die Lage im Irak ist ein Hauptgrund dafür. Nur 35 Prozent befürworten seine Amtsführung, 61 Prozent sehen sie kritisch. 51 Prozent sagen, der Sturz Saddams sei die Opfer nicht wert gewesen. 50 Prozent wünschen einen Abzug der US-Truppen binnen zwölf Monaten. Noch schlechter waren die Werte nur im November 2005. Mit mehreren Reden konnte Bush damals seine Reputation für einige Wochen heben. Auch jetzt verteidigte er den Kurs in drei Reden. Amerika erwartet eine ähnlich kurzfristige Besserung in den Umfragen.

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