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Guido Wetserwelle

© dpa

FDP-Parteitag: Sozialistische Frühstückseier

Die FDP empfiehlt sich auf ihrem Stuttgarter Parteitag als Bollwerk gegen einen Linksruck der Republik. Die angebliche linke Götterdämmerung der Republik wird zum zentralen Thema.

Von Antje Sirleschtov

Es ist leider nicht überliefert, ob bei der Planung des Stuttgarter „Gottlieb-Daimler-Stadions“ politische Standortfragen eine Rolle spielten. Tatsache allerdings ist: Wer die zum Stadionkomplex gehörende „Porsche-Arena“ mit der S-Bahn erreichen will, muss sich rechts halten. So weit rechts, dass ein Ober-Liberaler am Freitagmittag schon witzelte, es sei eigentlich nicht schwer, ausgerechnet an diesem Ort einen FDP-Bundesparteitag abzuhalten und von hier aus den Rest der Republik ganz weit links zu verorten.

Guido Westerwelle, seit nunmehr knapp zwei Jahren unangefochtene Nummer eins der FDP, sieht Deutschland eindeutig links. In Berlin vereinigen sich an diesem Wochenende zwei linke Parteien, die künftige Vize-SPD-Chefin Andrea Nahles schmückt ihr Bundestagsbüro mit dem Bildnis Fidel Castros und der CSU-Bundesminister Horst Seehofer schwadroniert derweil im Bundestag über die segensreiche Wirkung von Frühstückseiern. Für Westerwelle sind das die deutlichen Anzeichen dafür, dass sich „die geistige Achse des Landes nach links verschiebt“ und nur eine einzige Partei übrig geblieben ist, die den Marsch der Republik in den Sozialismus verhindern kann: „Hier steht die Freiheitsstatue dieser Republik“, rief der FDP-Chef den Delegierten entgegen. Und ermunterte sie, die Botschaft zu Hause laut zu verkünden: Wer links verhindern will, der muss auf der Seite der FDP, auf der Seite des Bollwerks gegen Neosozialismus und eine kraftlose große Koalition stehen.

Westerwelles Parteitagsrede reiht sich ein in den seit der letzten Bundestagswahl verfolgten Kurs des Vorsitzenden, die FDP spätestens 2009 koalitionsfähig für beide großen Volksparteien zu machen. Im letzten Sommer nahm er der FDP den Ruf des umweltpolitischen Verweigerers und erklärte – ohne sich von der Atomlobby zu verabschieden – Windräder und Sonnenkollektoren zu Bestandteilen liberaler Politik. In diesem Jahr macht sich der FDP-Chef zum Fürsprecher der arbeitenden und auch arbeitslosen Bevölkerung. „Unsere Politik“, sagt er, „ist viel sozialer als jede rote Fahne.“ Westerwelles Botschaft dahinter: Im Prinzip steht die FDP der Union und damit der gemeinsamen marktwirtschaftlichen Erneuerung des Landes programmatisch näher. Sollte die Kanzlerinnenpartei jedoch ihre Wahlschlappe von 2005 wiederholen, können die Liberalen ihre Bestimmung auch mit der SPD erfüllen. Schließlich stehe auch die FDP für den Schutz der Ärmsten. Anders als die „umverteilenden Gutmenschen“ von der SPD habe die FDP dafür sogar die richtigen, die marktwirtschaftlichen, Instrumente. Und mit dem Malus, machtbesessene Umfallerpartei zu sein, mit diesem miesen Ruf müssen die Liberalen nach Westerwelles Ansicht 2009 auch nicht mehr rechnen. Man habe vor der letzten Bundestagswahl erklärt, dass man Rot-Grün ablösen wolle, erinnerte Westerwelle die Delegierten, „und Wort gehalten“.

Darauf, dass die Chance zur Regierung früher als 2009 kommen wird, will ihr Vorsitzender noch nicht wetten. Auch wenn er nur eine „Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners“ von Union und SPD konstatiert und Merkel rät: „Man gibt die Regierungsverantwortung zurück, wenn man nicht mehr kann.“ Mit stolzen 87,6 Prozent hat sich Westerwelle in Stuttgart schon mal seinen Kurs vom Parteitag bestätigen lassen. Auch die stellvertretenden Vorsitzenden Rainer Brüderle (81,74 Prozent), Andreas Pinkwart (81,17 Prozent) und Cornelia Pieper (58,01 Prozent) wurden wiedergewählt. Nächstes Jahr, bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen, will der FDP-Chef die Früchte seiner Arbeit gereift sehen. Roland Kochs Alleinregierung will er beenden, die Koalition in Hannover fortsetzen. Und dann, spätestens dann will, dann muss der FDP-Chef Westerwelle regieren. Nach elf Jahren Opposition.

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