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FDP: Stiftungschef stiftet Unruhe

Wolfgang Gerhardt verärgert die FDP-Spitze mit einem Thesenpapier und kritischen Kommentaren. Die liberale "One-man-show" Guido Westerwelle ist erbost.

Von Antje Sirleschtov

Dass der Vorsitzende der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung ein 28-seitiges Papier verfasst, das interessierten Lesern unter der Überschrift „Für Freiheit und Fairness“ die Grundzüge liberaler Politik unter modernen Bedingungen nahebringen soll, ist zunächst nichts Bemerkenswertes. So jedenfalls sieht es die FDP-Führung am Donnerstag, nachdem sie ein paar Stunden zuvor von diesem Papier ihres amtierenden Stiftungsvorstandes Wolfgang Gerhardt überrascht wurde. Zumal derselbe sich ja als liberaler Vordenker und damit beisitzendes Mitglied der höchsten Parteigremien in den zurückliegenden Monaten mit eigenen Ideen zur FDP-Politik deutlich zurückgehalten hat. Da kann es ja nur gut sein, wenn ausgerechnet ein Stiftungsvorstand wie Gerhardt die Mitglieder seiner Partei zum offenen Wort auffordert und dann selbst den Anfang macht.

Erbost ist der alleinige Vorsitzende der liberalen Partei und Bundestagsfraktion, Guido Westerwelle, dennoch über das Papier. Und zwar, wie gesagt, nicht über dessen Existenz, und auch nicht über dessen Inhalt, der seinem eigenen Politikverständnis Wort für Wort entspricht. Wohl aber ist Westerwelle erzürnt über das Wie und das Wann der Veröffentlichung. Denn Wolfgang Gerhardt hatte das Papier wenige Tage vor dem traditionellen Dreikönigstreffen der FDP, das an diesem Wochenende in Stuttgart stattfindet, an einige Zeitungen verteilt. Und zwar nicht ohne – zumindestens interpretationsfähige – Zusatzbemerkungen. Von den Nachteilen einer „One-man-show“ sprach Gerhardt in den Zeitungen und ließ keinen Zweifel daran, dass ihm sowohl die Konzentration der FDP-Politik auf die Person Westerwelle als auch dessen Politikstil missfallen.

Dass Gerhardt, den Westerwelle vor eineinhalb Jahren unsanft seiner sämtlichen Parteispitzenämter beraubte, am Donnerstagmorgen vor laufender Kamera dementiert hat, dem FDP-Chef an den Karren fahren zu wollen, muss dabei genauso berichtet werden wie das Dementi des FDP-Sprechers Robert von Rimscha, Westerwelle habe Gerhardts Initiativ-Papier als „kapitalen Angriff“ auf ihn selbst bezeichnet. Im ersteren Fall ging es wohl darum, den Geruch von Rache an Westerwelle zu vertreiben. Im zweiten Fall sollte eher der Eindruck innerparteilicher Kriegereien vermieden werden. So was ist schließlich nie gut vor einem Treffen der FDP-Spitze in Stuttgart und schon gar nicht drei Wochen vor wichtigen Landtagswahlen in Hessen, Niedersachsen und Hamburg.

Fakt ist: Wolfgang Gerhardt meldet sich mit 64 Jahren auf der politischen Bühne zurück. In Hessen will er 2009 sogar wieder für ein Bundestagsmandat kandidieren. Rückendeckung erhielt Gerhardt von Ex-Innenminister Gerhart Baum, der das Grundsatzpapier nicht nur als Kritik an Westerwelle, sondern vor allem am FDP-Nachwuchs interpretierte, der sich nicht genügend einbringe. Baum mahnte eine Diskussion an, an der sich vor allem die Jüngeren in der FDP beteiligen müssten. Er frage sich, warum erst ein „verdienstvoller Oldtimer“, etwas (die One-man-show“) anstoßen müsse, das andere genauso sähen, dies aber anonym und nicht offen machten. Auch Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn begrüßte, dass Gerhardt nach einem „Sabbatjahr“ wieder aktiver in die Politik der FDP eingreife, stellte aber klar: „Unangefochtener Parteivorsitzender und unangefochtener Fraktionsvorsitzender ist Guido Westerwelle.“ Nachlesen kann man Gerhardts Thesen über Freiheit, Marktwirtschaft und soziale Kompetenz übrigens auf den FDP-Internetseiten nicht.

Die Friedrich-Naumann-Stiftung im Internet: www.fnst-freiheit.org

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