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Politik: FDP-Vize für neue Kernkraftwerke

Pinkwart fordert Ende des Atomkonsenses / Westerwelle wirft SPD „Mehrwertsteuerlüge“ vor

Von Antje Sirleschtov

Der stellvertretende Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und FDP-Bundesvize Andreas Pinkwart fordert die Aufkündigung des Atomkonsenses der Bundesregierung mit den deutschen Stromversorgern und die Verlängerung der Laufzeiten für die deutschen Kernkraftwerke. Den von Rot-Grün ausgehandelten Atomkonsens bezeichnete Pinkwart am Rande des FDP-Bundesparteitages in Rostock als „verfehlte Energiepolitik, die verändert werden muss“. Dem Tagesspiegel am Sonntag sagte Pinkwart, „solange deutsche Kernkraftwerke sicheren und preiswerten Strom liefern, müssen sie am Netz bleiben“. Die zusätzlichen Gewinne, die den Energieversorgern aus dem längeren Betrieb der Kraftwerke entstehen, sollen nach Pinkwarts Sicht in die Energieforschung investiert und als Preissenkungen an die Verbraucher weitergegeben werden. „Wir brauchen mehr Forschung im Energiebereich – und zwar in allen Bereichen“, sagte Pinkwart.

Pinkwart geht noch weiter. „Ich will nicht ausschließen, dass in Zukunft auch in Deutschland neue Atomkraftwerke gebaut werden“, sagte der nordrhein-westfälische Wissenschaftsminister, „allerdings nicht für militärische Zwecke nutzbar.“ Solche Atomkraftwerke könnten beispielsweise die notwendige Energie zur Gewinnung von Wasserstoff liefern, mit dem Öl als Treibstoff abgelöst werden kann.

Die FDP will auf ihrem Parteitag an diesem Sonntag einen Leitantrag zur Umwelt- und Energiepolitik beraten und sich damit als „moderne ökologische“ Partei positionieren. Im Leitantrag des Bundesvorstandes der FDP heißt es, liberale Energiepolitik beschränke sich ausdrücklich nicht auf eine Energietechnologie. Die Kernenergie wird in dem Antrag als „Übergangsenergie“ bezeichnet.

In seiner Grundsatzrede an den Bundesparteitag griff FDP-Chef Guido Westerwelle am Samstag die Politik der großen Koalition scharf an. Insbesondere mit der Union ging Westerwelle hart ins Gericht und bezeichnete sie als „Umfaller, die vor der Bundestagswahl einen Politikwechsel versprochen“ hätten und nun eine Fortsetzung „rot-grüner Staatspolitik“ betrieben. Aber auch der SPD warf Westerwelle Wahlbetrug vor, weil die Partei vor der Wahl die von der Union geforderte Mehrwertsteuererhöhung als „Merkel-Steuer“ abgelehnt habe und sie nun aber mitbeschließen will. „Die SPD hat sich mit einer riesigen Mehrwertsteuerlüge an die Regierung heran betrogen“, sagte Westerwelle.

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer und der Versicherungssteuer belasteten insbesondere Familien mit Kindern enorm, sagte er und rechnete vor, dass eine Durchschnittsfamilie mit zwei Kindern durch Schwarz-Rot rund 1600 Euro im Jahr mehr bezahlen muss als heute. Das Elterngeld sei dagegen nur ein familienpolitischer Tropfen auf den heißen Stein. „Die Regierung macht keine Familienpolitik“, sagte er und warnte: „Wenn die Auswirkungen der Steuerbeschlüsse der Regierung beim Bürger ankommen, dann ist es mit der Gemütlichkeit vorbei.“ Seine eigene Partei lobte Westerwelle als „einzig verbliebene freiheitliche Kraft im Bundestag“. Zu Kernforderungen liberaler Politik erklärte der FDP-Chef die Beschränkung des Staates auf Kernaufgaben, Steuersenkungen, Bildung und eine Strukturreform der Sozialversicherungssysteme.

Neben der Umwelt- und Energiepolitik beschäftigt sich die FDP auf dem Parteitag auch mit der Innovations- und der Integrationspolitik. Ein Antrag der Landesverbände Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern empfiehlt den Delegierten überdies, sich zu einer Zwangsmitgliedschaft für Unternehmen in Handels- und Handwerkskammern zu bekennen, die Selbstverwaltungen jedoch zu umfangreichen Reformen aufzufordern.

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