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Politik: Fehler im Kühler?

Frankreichs Atomaufsicht hat einen Sicherheitscheck für alle Meiler verordnet – es geht um mögliche Konstruktionsmängel

Die französische Atomaufsichtsbehörde (ANS) hat den staatlichen Stromversorger und Atomkraftwerkbetreiber EDF aufgefordert, bis zum Jahresende einen Sicherheitscheck in allen 19 Atommeilern des Landes zu veranlassen. Untersucht werden soll, ob ein möglicher Defekt im primären Kühlkreislauf im Falle eines Atomunglücks schwer wiegende Folgen haben könnte. Bei dem vermuteten Fehler, der nach Angaben der Behörde alle französischen Atomkraftwerke beträfe, handelt es sich um eine mögliche Fehlkonstruktion im System der Wasserzufuhr, das im Normalfall bei Störungen dafür sorgt, dass binnen einer Stunde nach Auftreten eines Problems die extrem erhitzten Brennstäbe abgekühlt werden.

Die Behörde für Atomsicherheit betonte, nichts sei bewiesen, es handle sich um eine „Anomalie, die nicht bestätigt ist“. Dennoch wolle man „auf Nummer sicher“ gehen, sagte ANS-Vizedirektor Alain Schmitt. Auf die mögliche Fehlerquelle sei man durch einen Vorfall im schwedischen Atomkraftwerk Barsebäck aufmerksam geworden, der sich allerdings schon 1992 ereignete. Dort seien die Filteranlagen in den Wassergruben verstopft gewesen, vermutlich mit Materialabfällen, die sich aus den veralteten thermischen Isolationsanlagen lösten. Deshalb habe kein zusätzliches Wasser in den primären Kühlkreislauf gepumpt werden können. Bei einem Versagen des Kühlvorgangs kann nach Angaben der ANS im schlimmsten Fall der Reaktorkern schmelzen.

In den Medien und bei der Bevölkerung löste die Warnung der Atomaufsichtsbehörde kaum ein Echo aus. In Frankreich gibt es selbst in der linken und grünen Szene nahezu keine Atomkraftgegner. Dies ist auch ein Grund, dass auch zur Forschung für neue Atomreaktoren kaum eine breite Debatte stattfindet. Es geht darum, ob in den nächsten Jahren der Druckwasserreaktor vom Typ EPR gebaute werden soll, oder aber die Einsatzfähigkeit modernster Anlagen der nächsten Reaktorgeneration abgewartet werden soll, dessen erste Prototypen aber frühestens in 15 bis 20 Jahren gebaut werden können.

Laut „Berliner Zeitung“ soll ein ERP-Kraftwerk – es wird von Siemens mitentwickelt – jedoch gebaut werden. Französische Partner drängten dabei die deutschen Energiekonzerne RWE, Eon, Vattenfall Europe und EnBW zu einer Beteiligung. Denen komme die Forderung jedoch ungelegen, weil sie keinen Ärger mit der Bundesregierung riskieren wollten. In Deutschland ist der Neubau von Kernkraftwerken seit anderthalb Jahren verboten.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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