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Fernsehen: Ahmadinedschad live

Bei US-TV-Talkstar Larry King erweist sich Irans Präsident einmal mehr als sperriger Gesprächspartner

Larry King ist kein scharfer Interviewer. Der Vater der modernen Talkshow, der seit 24 Jahren abends „Larry King live“ auf CNN moderiert, gilt als Mann, der seine Gäste empathisch und freundlich befragt. Am Freitagabend war unübersehbar, dass seine Geduld Grenzen hat. Er hatte Irans Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zu Gast – wenige Stunden nach Irans Eingeständnis, dass er seit Jahren an einer geheimen Anlage zur Urananreicherung im Umkreis von Qom baut. Larry King arbeitete sich mit sichtbar wachsender Frustration an einem Politiker ab, der Fragen nach simplen Fakten und Sichtweisen auswich, wenn es für ihn unangenehm zu werden drohte – oder sie mit Gegenfragen beantwortete.

Hartnäckig verweigerte Ahmadinedschad Auskunft, ob er den Holocaust leugne. Das ist für Larry King eine persönliche Frage. Er wurde am 19. November 1933 als Lawrence Harvey Zeiger in Brooklyn geboren, fünf Jahre bevor in Deutschland die Synagogen brannten. Seine Eltern, Juden aus Weißrussland, waren rechtzeitig in die USA emigriert. Mit der Bemerkung „Ich muss hier persönlich werden: Mehrere Mitglieder meiner Familie sind in Konzentrationslagern umgekommen“ leitete er das Thema in der zweiten Hälfte der einstündigen Sendung ein. Auch auf ein halbes Dutzend Nachfragen ließ sich Ahmadinedschad weder zu einem „Ja“ noch „Nein“ bringen, ob es den Holocaust gegeben habe. Er versprach eine Antwort, falls King ihm beantworte, ob die Palästinenser Schuld am Holocaust trügen. Doch nachdem King das mit „Nein“ beantwortet hatte, blieb Ahmadinedschad weiter die versprochene Auskunft schuldig.

Als King die geheim gehaltene Atomanlage ansprach, war Irans Präsident bedacht, die Rollenverteilung umzudrehen. Er setzte Präsident Obama auf die Anklagebank und fragte, wie der den „schrecklichen Fehler“ begehen könne, Iran falsche Vorwürfe zu machen, nachdem Bush die Welt bei Iraks angeblichen Waffenprogrammen in die Irre geführt hatte. Nach seiner Darstellung hat Teheran die internationale Aufsichtsbehörde für Atomenergie, IAEO, früher informiert, als es verpflichtet sei. „Sechs Monate vor Inbetriebnahme“ müsse ein Land Auskunft geben. Bisher habe Iran nur Gebäude errichtet. Die Anlagen zur Urananreicherung sollten erst in den kommenden Monaten installiert und „frühestens in einem Jahr eingeschaltet“ werden. Folglich habe Iran seine Informationspflicht ein halbes Jahr früher als verlangt erfüllt.

Ob er einen Militärschlag Israels fürchte, wollte King wissen. „Nein“, sagte Ahmadinedschad mit überlegenem Grinsen. „Sie befürchten keinen Angriff Israels?“ – „Nein.“ – „Warum nicht?“ - „Israel weiß, dass wir darauf so antworten würden, dass Israel es ewig bereut.“

In den US-Medien finden Ahmadinedschads Äußerungen wenig Resonanz. Sie stellen Irans Geheimhaltung des Projekts als Rechtsbruch dar. Die Regierung Obama habe seit längerem von der Anlage gewusst. Für sie sei es ein Vertrauenstest gewesen, ob Teheran deren Existenz von sich aus meldet, schreibt die „New York Times“. Nach überwiegender Darstellung der US-Medien ist das internationale Misstrauen nun weiter gewachsen, weil Iran das Projekt erst zugab, als der Westen mit Veröffentlichung seiner Erkenntnisse drohte. Nach dieser Entwicklung sei es wahrscheinlicher geworden, dass Russland und China für eine Verschärfung der Sanktionen stimmen, falls die Gespräch mit Iran Anfang Oktober keine Fortschritte ergeben.

Aus der amerikanischen Kommentierung ragt eine ungewöhnliche Stimme heraus: Zbigniew Brzezinski, Sicherheitsberater unter Präsident Carter, hält Irans Atomprogramm noch nicht für bedrohlich. Er verlangte im Interview mit der bekannten Internet-Publikation „The Daily Beast“ sogar, die USA sollten Israel mit allen Mitteln von einem Militärschlag abhalten und notfalls israelische Flugzeuge über dem Irak abschießen, wenn sie Kurs auf Iran nehmen.

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