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Politik: Festnahme in der Ferne

Die dänische Polizei bringt Tschetschenenführer Sakajew ins Gefängnis. Eine Auslieferung gilt als unwahrscheinlich

In vielen Städten Russlands nahmen die Menschen am Mittwoch Abschied von Todesopfern des Moskauer Geiseldramas. Allein in der Hauptstadt wurden 34 Geiseln beerdigt, die den Sturmangriff der Polizei auf die tschetschenischen Terroristen am Samstag nicht überlebt hatten. In der Nacht zum Mittwoch waren zwei weitere Menschen an den Folgen des eingesetzten Gases gestorben, wie der oberste Amtsarzt Moskaus, Andrei Selzowski, sagte. Damit stieg die Zahl der Opfer auf 119. In den Kliniken wurden noch immer 230 Menschen behandelt.

Der von Moskau eingesetzte tschetschenische Verwaltungschef, Achmed Kadyrow, sagte unterdessen, mit „tiefster Befriedigung“ habe er die Nachricht von der Verhaftung Achmed Sakajews zur Kenntnis genommen. Sakajew war Vizepräsident der abtrünnigen Republik und wurde von deren gewähltem Präsidenten, Aslan Maschadow, zum Chefunterhändler für Konsultationen ernannt, die der Kreml ablehnt. Moskau wirft Sakajew vor, eine tragende Rolle „bei Terrorakten auf dem Gebiet der Russischen Föderation“ zu spielen – und an der Planung der Geiselnahme beteiligt gewesen zu sein.

Die dänische Polizei, „hätte auch gleich all die anderen mit einlochen sollen, die an dieser Zusammenrottung teilgenommen haben“, sagte Kadyrow. Gemeint ist damit der Weltkongress der Tschetschenen, der Anfang der Woche in Kopenhagen stattfand, wogegen Moskau heftig protestiert hatte. Wenn Dänemark signalisieren wolle, dass es zu einem Minimum an Kooperation mit Russland bereit ist, so der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses der Duma, Dmitrij Rogosin, müsse Sakajew ausgeliefert werden. Auf dem Kongress in Kopenhagen hätte die Welt die „Fratze des internationalen Terrorismus“ gesehen. Die inzwischen an Dänemark übergebenen Dokumente enthielten genug Beweise für Sakajews Beteiligung an Terroranschlägen in Russland und seine Verbindungen zur terroristischen Internationale, sagte Senatspräsident Sergej Mironow. Russland arbeitet nach Angaben des Außenministeriums bereits an einem Auslieferungsantrag.

Dänemarks Botschafter in Moskau, Lars Vissing, sagte jedoch, eine Auslieferung Sakajews nach Moskau sei unmöglich: Selbst wenn es mit Russland ein Auslieferungsabkommen gäbe, würde es bei drohender Todesstrafe nicht angewandt. Der dänische Premier Anders Fogh Rasmussen betonte, die Festnahme Sakajews sei keine politische Entscheidung gewesen. Vielmehr habe die dänische Polizei im Auftrag der russischen Vertretung von Interpol gehandelt.

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