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Kurden demonstrieren am 05.11.2016 in Köln gegen die Festnahme führender Oppositions-Politiker in der Türkei.

© Maja Hitij/dpa

Update

Festnahmen in der Türkei: Özdemir warnt vor Ende des Dialogs

Ein Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei könne Erdogan stärken, warnt Grünen-Chef Cem Özedemir. In Köln demonstrieren mehrere tausend Kurden gegen Erdogan.

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir hat vor einem vollständigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gewarnt. „Für Erdogan wäre das ein gefundenes Fressen. Wir müssen aufpassen, dass wir mögliche Strafen nicht so auswählen, dass sie die falschen Leute treffen“, sagte Özdemir im Interview mit dem Tagesspiegel.

„Mit einer demokratischen türkischen Regierung sollte man auch weiter über einen EU-Beitritt verhandeln“, forderte er. Er sehe allerdings nicht, wie man mit Erdogan bei dem Thema weiter kommen solle. Özdemir bezeichnete es als „einen der größten Fehler“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass sie 2005 die Beitrittsverhandlungen abrupt beendet habe und mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy die privilegierte Partnerschaft aus dem Hut gezaubert habe. „Das war zu einem Zeitpunkt, als die Türkei auf dem richtigen Weg war“, sagte Özdemir.

Der Grünen-Chef räumte zugleich ein, dass SPD und Grüne damals, wie viele andere, lange ein zu optimistisches Bild gehabt hätten, dass aus der AKP "eine Art CDU der Türkei" werde.

Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Partei Bündnis 90/Die Grünen
Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Partei Bündnis 90/Die Grünen

© Thilo Rückeis

Türkische Gemeinde fürchtet Konflikte in Deutschland

Angesichts der Spannungen in der Türkei warnte die türkische Gemeinde in Deutschland vor offenen Konflikten zwischen hier lebenden Deutschtürken. „Es droht ein innertürkischer Konflikt. Erdogan versucht mit aller Gewalt die Situation in der Türkei zu eskalieren, was verschärfte Auswirkungen auch auf das Leben in Deutschland haben wird“, sagte der Vorsitzende Gökay Sofuoglu, dem „Redaktions-Netzwerk Deutschland“. Mit Blick auf zahlreiche Kundgebungen im ganzen Bundesgebiet am Samstag rief er die Teilnehmer zu Besonnenheit auf. „Niemand sollte sich auf Provokationen einlassen“, betonte Sofuoglu.

Kurdenproteste gegen Erdogan in Köln

Mehrere tausend Kurden versammelten sich am Sonnabend in Köln zu einer Demonstration gegen die Politik Erdogans. Die Kundgebung richtete sich insbesondere gegen die Festnahme führender kurdischer Politiker in der Nacht zum Freitag. Nach Polizeiangaben versammelten sich etwa 6500 Demonstranten auf einem Platz in der Kölner Innenstadt. Die Veranstalter erwarteten bis zu 15000 Teilnehmer. Einige hundert Polizisten schirmten die Kundgebung ab.

Viele Demonstranten schwenkten Fahnen mit dem Bild des inhaftierten Führers der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan. In Sprechchören riefen Teilnehmer zum „Widerstand“ gegen den türkischen Präsidenten Erdogan auf.

Die Demonstration wurde von der Nav-Dem, dem größten kurdischen Dachverband in Deutschland, mitorganisiert. Die darin vertretenen Gruppen stehen nach Angaben des Verfassungsschutzes der PKK nahe. Bei der Kundgebung sollte später auch der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger reden.

In der Nacht zum Freitag hatte die türkische Polizei bei Razzien elf Abgeordnete der pro-kurdischen Partei HDP festgenommen, darunter die Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag. Außer den Abgeordneten der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP sitzen auch zahlreiche Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“ in der Türkei im Gefängnis. Ein Gericht in Istanbul verhängte am Samstag Untersuchungshaft gegen den „Cumhuriyet“- Chefredakteur Murat Sabuncu und acht seiner Mitarbeiter, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Sie waren am Montag unter Terrorverdacht festgenommen worden. (ce/AFP/epd/dpa)

Das vollständige Interview mit Cem Özdemir lesen Sie in der Printausgabe des "Tagesspiegel am Sonntag", ab 19.30 Uhr am Sonnabend auch schon als E-Paper verfügbar - oder im digitalen Kiosk digitalen Kiosk Blendle. Mehr über Blendle lesen Sie hier.

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