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Brigitte Bardot auf einem Foto von 1960.

© picture-alliance / dpa/dpaweb

Feuchte Geschichtsträume: Brigitte Bardot als Lektion für politische Bescheidenheit

Selbst Sexsymbole werden von jüngeren Generationen vergessen. Regierende sind erst recht vergängliche Spielsteine im Brettspiel der Zeit. Eine Kolumne.

Brigitte Bardot? „Keine Ahnung, kenn ich nicht.“ Der zwanzigjährige, junge Mann und ich waren gerade dabei, die Frauen und Männer aufzuzählen, die das zwanzigste Jahrhundert verändert haben. Charles de Gaulle, Willy Brandt, Martin Luther King, Marie Curie, Indira Gandhi, Margaret Thatcher, soweit alles klar. Sogar mit Marilyn Monroe und Elvis Presley konnte der junge Mann etwas anfangen. Bei BB jedoch geriet die Unterhaltung ins Stocken. „Doch, na klar kennst du sie. Und immer lockt das Weib… Saint Tropez… die Robbenbabies… Hier schau mal, ein Foto von ihr.“ „Nee. Nie gesehen. Irgendso eine Blondine.“ Er verzog angewidert das Gesicht und reichte mir Brigitte Bardot mit ihrem Schmollmund und gepunktetem Bikini zurück.

Wir gingen über zu Bill Gates, Pelé, Albert Camus, Simone Veil, Albert Einstein … in dieser Reihenfolge. Die Frau, die Millionen von Männern feucht träumen ließ, dieses weltweite Objekt der Begierde, ist in den Augen eines heutigen jungen Mannes irgendein dummes Flittchen. Völlig bedeutungslos. Ich meinerseits war sprachlos. Und wenn die zukünftigen Generationen sich schon nicht an die Sexsymbole erinnern, wie wird das erst mit den Frauen und Männern sein, die heute unsere Geschicke in der Politik lenken?

Das traurige Los der BB ist eine gute Lektion in Bescheidenheit. Sind die oftmals aufgeplusterten Regierenden nicht auch nur vergängliche Spielsteine im großen Brettspiel der Zeit? Möge BB den anderen blonden Haarschöpfen, die uns seit einiger Zeit das Leben vermiesen, eine Mahnung sein. Herr Trump und Herr Johnson, gut möglich, dass auch Sie in einigen Jahren tief fallen werden. Und, werte „jupiterianische“ Präsidenten, wenn Ihr Konterfei die Bürgermeisterämter Frankreichs ziert, heißt das noch lange nicht, dass Ihr Profil irgendwann auf einer Ein-Euro-Münze zu bewundern sein wird.

Welcher Politiker träumt nicht davon, zu den illustren Persönlichkeiten zu gehören, die ihre Epoche geprägt haben? Einige lassen sich schon zu Lebzeiten ein Mausoleum errichten: Georges Pompidou ein futuristisches Museum, François Mitterrand und andere Pharaonen eine Pyramide. Manche schreiben auch 700 Seiten starke Memoiren, die bald für ein paar Cents auf den Ramschtischen der Sonntagsflohmärkte zu erwerben sein werden. Andere wie Helmut Kohl wiederum hatten einfach Glück. Ohne dass sie irgendetwas dafür getan hätten, hat während ihrer Regierungszeit ein historisches Ereignis stattgefunden, das nicht so schnell aus den Geschichtsbüchern verschwinden wird.

Wer wird sich an Hollande oder Nahles erinnern?

Aber welcher heutige Zwanzigjährige erinnert sich noch an Rita Süssmuth, die doch viele Jahre aus der politischen Landschaft dieses Landes nicht wegzudenken war, oder an Lech Walesa, der dazu beigetragen hat, den eisernen Vorhang zu Fall zu bringen? Wer wird sich in einigen Jahren an die flüchtigen Auftritte von François Hollande und Andrea Nahles erinnern?

Einzig Angela Merkel könnte das Schicksal, in Vergessenheit zu geraten, erspart bleiben. Ausgerechnet sie, die ohne jeglichen Personenkult auskommt, gilt auf der Top Ten „Forbes“-Liste seit ihrer ersten Amtszeit als die mächtigste Frau der Welt. Na, wenn da nicht die Pyramidenbauer und andere blonde Haarschöpfe vor Neid erblassen …!

Übersetzung aus dem Französischen: Odile Kennel. Am 30.8. um 19 Uhr ließt Pascale Hugues aus ihrem Buch „Deutschland à la française“ in der Markuskirche in Steglitz.

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