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Feuertod-Prozess: Karlsruhe prüft Urteil von Dessau

Der Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Polizeizelle beschäftigt weiterhin die Gerichte. Staatsanwaltschaft und ein Nebenklagevertreter haben gegen den Freispruch des zuständigen Dienstgruppenleiters Revision eingelegt. Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer bezeichnet den Vorfall als beschämend.

Berlin/Dessau - Gegen das Urteil des Landgerichts Dessau im Fall des in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh haben Staatsanwaltschaft und ein Nebenklagevertreter Revision eingelegt. Mit dem Freispruch des Dienstgruppenleiters Andreas S. und seines Kollegen Hans-Ulrich M. wird sich nun der Bundesgerichtshof befassen. Die Revision der Staatsanwaltschaft bezieht sich nur auf den Freispruch von S., während die Nebenklage beide Urteile überprüft haben möchte.

S. und M. waren wegen fahrlässiger Tötung beziehungsweise wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt worden. Es lasse sich „strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Dienstgruppenleiters nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen“, hatte das Landgericht am Montag entschieden. Das Urteil hatte im Verhandlungsraum Tumulte ausgelöst und war in der Öffentlichkeit auf heftige Kritik gestoßen. Bei der nun anstehenden Revision wird der vorangegangene Prozess auf etwaige Verfahrens- und Rechtsfehler überprüft, es findet keine neue Beweisaufnahme statt.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sagte am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Magdeburger Landtag, „der nicht natürliche Tod einer in staatlichem Gewahrsam befindlichen Person hat uns nachhaltig betroffen gemacht. Der Vorgang beschämt uns alle.“ Er könne „das Unverständnis der Angehörigen“ über die Vorgänge nachvollziehen.

Offenbar schon mit Blick auf weitere Konsequenzen in diesem Fall sagte Böhmer, die Landesregierung erwarte von ihren Mitarbeitern, „dass sie zur Wahrheitsfindung beitragen und helfen, Schaden vom Land Sachsen-Anhalt abzuwenden“. In der Urteilsbegründung hatte der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff beklagt, dass Zeugen in erschreckendem Ausmaß falsche Aussagen gemacht oder ganz offensichtlich Dinge verschwiegen hatten. „Diese Beamten haben der Polizei, der Justiz, dem Rechtsstaat und dem Land Sachsen-Anhalt auf das Übelste geschadet“, hatte Steinhoff angemerkt. sc

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