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Politik: Fidel Castro: Modell Kuba funktioniert nicht mehr

Ex-Präsident findet Rolle des Staates zu groß und bedauert die Raketenkrise von 1962

Washington/Havanna - Revolutionsführer Fidel Castro hat laut einem US-Medienbericht erstmals eingestanden, dass das politische System in Kuba nicht richtig funktioniert. In einem jetzt veröffentlichten Interview des US-Magazins „The Atlantic“ kritisierte er gleichzeitig Irans Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad für dessen Holocaust-Leugnung.

„Das kubanische Modell funktioniert nicht einmal mehr für uns“, sagte der 84-jährige Castro dem amerikanischen Journalisten Jeffrey Goldberg, der gefragt hatte, ob das kubanische System noch immer exportwürdig sei. Goldberg war von der Regierung zu dem Interview mit Castro nach Havanna eingeladen worden war. Sein Artikel wurde am Dienstag und Mittwoch in zwei Teilen veröffentlicht.

Der US-Journalist hatte die Kubakennerin Julia Sweig gebeten, an dem Gespräch mit Castro teilzunehmen,um bei der Analyse der Antworten zu helfen. Sweig sagte, Castro habe mit seiner Äußerung nicht den Stab über die Revolution gebrochen. „Für mich war es die Feststellung, dass im kubanischen System der Staat eine zu große Rolle im Wirtschaftsleben einnimmt“, erklärte sie.

Erst vor einem Monat hatte Präsident Raul Castro den Kubanern Lockerungen in Richtung Marktwirtschaft verkündet, um die sieche Wirtschaft anzukurbeln. In einer Rede vor der Nationalversammlung kündigte der Bruder und Nachfolger Fidel Castros an, dass Selbstständige leichter ihr Unternehmen anmelden könnten und dabei auch Arbeitskräfte einstellen dürften. Mit der Lockerung sollen nach Raul Castros Vorstellungen neue Jobs für etwa eine Millionen Kubaner entstehen, die in den nächsten fünf Jahren ihre Arbeitsplätze in Staatsunternehmen verlieren dürften. Er nannte allerdings keine Zahlen, wie viele neue Zulassungen für Kleinunternehmer es geben solle.

Im Interview mit dem Journalisten Goldberg riet Fidel Castro Irans Präsidenten, den Holocaust nicht zu leugnen. Es sei der Sache des Friedens dienlicher, die Einmaligkeit der Geschichte des Antisemitismus anzuerkennen und zu versuchen, zu verstehen, warum die Israelis um ihre Existenz fürchteten, sagte Castro. Außerdem bedauerte Castro seine Haltung während der Kubakrise von 1962, durch die die Welt an den Rand eines Atomkrieges geraten war. Nach allem, was er erlebt habe und heute wisse, „war es das alles nicht wert“, sagte Castro dem Interviewer.

Am 22. Oktober 1962 hatte US-Präsident John F. Kennedy eine Luft- und Seeblockade gegen Kuba verhängt, nachdem die Sowjetunion Atomraketen auf der nur 150 Kilometer von der Küste Floridas liegenden Insel stationiert hatten. Es folgten Tage höchster Spannungen zwischen den beiden Weltmächten, die auch einen Atomkrieg möglich scheinen ließen. Am 28. Oktober entsprach der sowjetische Präsident Nikita Chruschtschow schließlich der US-Forderung, die Abschussrampen abzubauen und die Raketen aus Kuba abzuziehen. dpa/rtr/AFP

THE ATLANTIC]

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