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Filbinger-Rede: Oettinger entschuldigt sich bei NS-Opfern

Nach tagelanger Kritik hat sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger für seine Äußerungen entschuldigt. Jeodch verteidigte er Filbinger erneut.

Stuttgart - Oettinger ging in der "Bild"-Zeitung teilweise auf Distanz zu seiner als "Geschichtsklitterung" kritisierten Darstellung der NS-Vergangenheit des Anfang April gestorbenen CDU-Amtsvorgängers: Der 1945 als NS-Marinerichter mit Todesurteilen gegen Deserteure befasste Filbinger habe sich "wie Millionen anderer dem NS-Regime angepasst. Daran besteht kein Zweifel."

Oettinger äußerte sich betroffen, "wie mir unterstellt wird, ich hätte Hans Filbinger zum Widerstandskämpfer erklärt. Er war es nicht, und ich habe das nie behauptet." In seiner umstrittenen Trauerrede am Mittwoch in Freiburg hatte Oettinger gesagt, Filbinger sei "kein Nationalsozialist" gewesen, sondern ein "Gegner des NS-Regimes". Dies hatte Kopfschütteln und Entrüstung bis in die eigene Partei ausgelöst.

Oettinger sagte der Zeitung: "Es war nie meine Absicht, die Verfolgten und die Opfer zu verletzen. Sollte das geschehen sein, tut es mir leid. Und dafür entschuldige ich mich auch." Der Regierungschef betonte erneut, es sei auch "nie" seine Absicht gewesen, "die Gräuel des Nationalsozialismus zu relativieren". Für ihn sei Filbinger ein "zutiefst christlicher und konservativer Mensch mit einer belegbaren inneren Distanz zum NS-Regime" gewesen, sagte Oettinger. "Ich glaube übrigens, man sollte einen Menschen nicht sein Leben lang für Fehler verurteilen, die er möglicherweise als junger Mensch in diesem grausamen System gemacht hat."

Vorwürfe des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck, er habe am rechten Rand fischen wollte, wies Oettinger zurück: "Das war und ist nicht meine Absicht. Wer mich kennt, weiß, dass ich auf Grund meiner politischen Grundhaltung und meiner Werte vom rechten Rand weit entfernt bin."

Zentralrat fordert Rücktritt

SPD und Grüne hatten zuvor am Wochenende Oettingers Erklärungen zur Trauerrede scharf zurückgewiesen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland verlangte den Rücktritt Oettingers, der seine Darstellung Filbingers als Nazi-Gegner auch in einem SWR-Interview am Sonntag aufrechterhalten hatte. Zustimmung erhielt der CDU-Politiker am Samstag und Sonntag aus der CDU.

Im Südwestrundfunk (SWR) hatte Oettinger noch bekräftigt: "Ich glaube, dass Hans Filbinger ein Gegner der Diktatur gewesen war." Filbinger habe nicht wie andere die Kraft zum offenen Widerstand gehabt, dem Regime aber kritisch gegenüber gestanden. In einer schriftlichen Erklärung vom Samstag hatte Oettinger "Missverständnisse" im Zusammenhang mit der Traueransprache bedauert. Am Freitag war er von der CDU-Vorsitzenden, Bundeskanzlerin Angela Merkel, wegen der Freiburger Trauerrede öffentlich gerügt worden. Diesen Tadel habe er "akzeptiert", Merkel habe ihn aber nicht zu der Entschuldigung gedrängt, betonte Oettinger in "Bild".

Nach der tagelangen massiven Kritik hatte Oettinger am Samstag in seinem "Offenen Brief" geschrieben: "Die Rede war in erster Linie an die Familie des Verstorbenen und an die Trauergemeinde (...) gerichtet." Es sei für ihn wie die CDU selbstverständlich, "dass wir uns zu unserer historischen Verantwortung bekennen". Die Landesvorsitzende von Oettingers Koalitionspartner FDP, Birgit Homburger, sagte dazu, angesichts der Zerstrittenheit der CDU sei es offenbar unmöglich, eine deutlichere Klarstellung zu Filbingers Rolle in der NS-Zeit abzugeben.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla bewertete den Offenen Brief positiv. "Es ist gut und richtig, dass Günther Oettinger diese Erklärung abgegeben hat", sagte er der "Bild am Sonntag". Der Fraktionschef der baden-württembergischen Landtags-CDU, Stefan Mappus, bezeichnete die Diskussion als "in der Hauptsache ideologisch motiviert". (tso/dpa)

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