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Der Nehmer-Bär. Die Zuflüsse nach Berlin aus anderen Bundesländern sind umstritten.

© dpa/Picture Alliance

Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern: Bayern will Berlin abwerten

In den Verhandlungen um den Finanzausgleich geht es nicht zuletzt um die Hauptstadt – die Zahlerländer wollen ihr ein Stadtstaatenprivileg streichen.

Markus Söder ist das, was man in Bayern einen harten Hund nennt. Für die Verhandlungen zum Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, die jetzt ernsthaft begonnen haben, hat der Finanzminister von der CSU glasklare Vorstellungen, aufgelistet in zehn Punkten. Zusammengefasst laufen sie darauf hinaus, dass Bayern künftig erheblich weniger in den Finanzausgleich zahlen soll als bisher. Denn die weiß-blaue Erfolgsstory hat eben den Nebeneffekt, dass die dank beträchtlicher Wirtschaftskraft recht hohen Steuereinnahmen zu hohen Zahlungen im Finanzausgleich führen. Und seit Hessen und Baden-Württemberg zu schwächeln begonnen haben (Folge vor allem der globalen Finanzkrise), zahlt Bayern noch kräftiger. Als einziges West-Land (außer dem dank Windkraft auflebenden Schleswig-Holstein) konnte es 2013 einen Haushaltsüberschuss erwirtschaften. Zum Volumen des reinen Länderfinanzausgleichs (also dem direkten Ausgleich zwischen den Landeshaushalten, eine von vier Stufen im Gesamtsystem), der 2013 gut 8,5 Milliarden Euro ausmachte, trug Bayern allein 4,3 Milliarden bei.

Mehr als fünf Milliarden

Und hier kommt nun Berlin ins Spiel. Zwar ist die Bundeshauptstadt nicht das Hauptnehmerland, wenn es nach der Gesamtsumme in allen Stufen des Finanzausgleichs geht (also inklusive aller Steuerverteilungsmechanismen und Bundeszuschüsse) – das war 2013 Sachsen mit 5,7 Milliarden Euro, Berlin kam auf Zuflüsse in Höhe von 5,6 Milliarden. Aber auf seine Einwohner umgerechnet ist Berlin nun einmal das Land mit den relativ höchsten Einnahmen. Im reinen Länderfinanzausgleich waren es gut 3,3 Milliarden Euro, weshalb man in München gern den Eindruck erweckt, dass das praktisch alles aus Bayerns Schatulle kommt.

Dass Berlin so viel bekommt, hängt bekanntermaßen mit einem Privileg der Stadtstaaten zusammen: Ihre Einwohnerzahl wird mit 135 Prozent angesetzt, und der Finanzausgleich wird eben stark nach Einwohnern berechnet. Söder will diese „Einwohnerveredelung“ radikal abschaffen. Berlin würde das wohl ein Viertel der Ausgleichssumme kosten. Wie das kompensiert werden soll, weiß Söder schon: „Bund stärker in die Verantwortung nehmen“, steht in seinem Zehn- Punkte-Katalog, fett gedruckt und unterstrichen. Das ist der Schluss, den man in München aus dem 2006 eingeführten Grundgesetzartikel zieht, nach dem Berlin Hauptstadt des Bundes ist und dem Bund wiederum die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt aufgegeben ist. Auch der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) sieht darin die Lösung: „Damit könnte eine Entlastung der Geberländer bewerkstelligt werden, ohne dass alle anderen Länder mit Verlusten rechnen müssten.“

Kritische Prüfung gefordert

Die Regierungen in Wiesbaden, Stuttgart und Düsseldorf fordern zumindest eine kritische Überprüfung der Einwohnerwertung. „In der Tat ist eine isolierte Höherbewertung der Einwohner von Stadtstaaten, während andere Bundesländer mit Ballungsräumen und ihren Problemen und Bedarfen keine Besserstellung erfahren, kritikwürdig. Hier muss eine Neuregelung ein strukturelles Gleichgewicht herstellen“, sagt Schäfer. Vier große Länder also wollen Abstriche, und sie werden das auch mit ihrem Gewicht im Bundestag (sie kommen auf 354 der 631 Abgeordneten) unterstreichen. Kein Wunder, dass der Berliner Senat in der Vorwoche auf seiner Klausur darüber nachdachte, wie der Angriff auf die Einwohnerveredelung abgewehrt werden kann. Als verlässliche Konsorten hat er nur Bremen und Hamburg; die anderen Nehmerländer werden sich kaum dafür verkämpfen.

Berlin steht nicht schlecht da

Und dann ist da noch der wirtschaftliche Erfolg Berlins. Es geht der Hauptstadt nämlich zusehends besser. Erstmals seit zehn Jahren war Berlin in der ersten Stufe, der Umsatzsteuerverteilung, wieder Zahlerland, und die schwarz-rote Koalition konnte dank des Sparkurses 2013 einen Überschuss erwirtschaften. Zudem kann die Hauptstadt ziemlich viel Geld ausgeben. Nach einer Auflistung im Jahrbuch für öffentliche Finanzen, das die Einnahmen nach Abzug für Zins- und Versorgungsausgaben auflistet (die praktisch Fixkosten sind), liegt Berlin ganz vorn mit immerhin 2910 Euro je Einwohner. Bayern liegt fast 600 Euro darunter, Hessen sogar mehr als 800 Euro. Das stützt die Meinung, dass Berlin mit weniger Geld auskäme. Klaus Wowereit und sein Finanzsenator Ulrich Nußbaum haben keine leichte Aufgabe in den nächsten Monaten.

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