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Finanzmarktkrise: Die Auszahlung kann beginnen

Bundestag und Bundesrat billigen das Bankenpaket. In einem sind sich Regierung und Opposition einig - über das Versagen der Manager.

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Die große Digitaluhr im Reichstag zeigt 9:51, als der Bundestagspräsident die Schriftführer bittet, „mit der Auszahlung zu beginnen“. Das ist zwar noch ein paar Stunden zu früh, und Norbert Lammert hat sowieso „Auszählung“ gemeint, aber völlig falsch ist der Versprecher nicht. Am Freitag hat der Bundestag das größte Finanzpaket seiner Geschichte beschlossen, 500 Milliarden Euro, zwei Bundeshaushalte. Selbst wenn am Ende nur ein Bruchteil davon fließt, ist es gigantisch.

Die sichtlich müden Paketschnürer – bis halb drei in der Früh hat der Haushaltsausschuss noch getagt, um acht Uhr sitzen sie schon wieder im Plenum – sind denn auch angemessen stolz. „Das war ein Kraftakt in dieser Woche“, sagt Unionsfraktionschef Volker Kauder. „Es waren die Politiker, die die Krise entschärft haben“, betont sein SPD-Kollege Peter Struck. Und Guido Westerwelle nimmt den Eid, den sonst nur Kanzler und Minister leisten, fürs ganze Parlament in Anspruch: „Wir sind alle verpflichtet, Schaden vom deutschen Volk abzuwehren.“

Der FDP-Chef wählt den hohen Ton, erkennbar auch zu dem Zweck, die Liberalen in möglichst staatstragenden Gegensatz zur Linken und besonders zu den Grünen zu bringen. Die FDP wird nämlich zustimmen – wenn auch mit dem Vorbehalt, ihr Ja sei „kein Freifahrtschein für alles, was in dem Paket drinsteckt“. Linke, wie zu erwarten, und auch Grüne lehnen ab. Warum die Grünen Nein sagen, wird aus Renate Künasts Rede nicht wirklich klar. Zwar nennt die Fraktionschefin das Regierungspaket stürmisch „definitiv das Falsche“. Aber als konkreter Einwand ist nur auszumachen, dass zusammen mit der Regierung Bankmanager das Gesetz vorbereitet hatten und nicht, zum Beispiel, auch Verbraucherschützer. Dafür steuert Künast aber eine Beobachtung zur Debatte bei: „Das ist mir auch noch nicht passiert, dass ich als fünfter Redner ans Rednerpult gehe – und vor mir da vier linke Redner waren!“ Da ist was dran: So viel Kapitalistenkritik war nie.

Struck hat den Anfang gemacht. Die Zocker vom Finanzmarkt, die jetzt dem Steuerzahler ihre Scherben vor die Tür kehrten – runter vom hohen Ross mit denen! Dass Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann auf einmal seine Bonuszahlungen der Belegschaft spenden wolle – „eine Showveranstaltung“, empört sich der SPD-Mann, „Ablass!“ Wenn nach ein paar Jahren abgerechnet werde, das habe die SPD-Fraktion beschlossen, müsse ein Weg gefunden werden, wie die Finanzwirtschaft den Schaden übernehme statt des Steuerzahlers. „Wir brauchen nicht nur neue Regeln“, ruft Struck, „wir brauchen eine neue Moral!“

Nun mag Strucks Engagement auch damit zu tun haben, dass er eine schwere Fraktionssitzung hinter sich hat. Er habe, berichten Teilnehmer, am Donnerstagabend auf rasches Abnicken gedrungen – was empörten Tumult auslöste. Aber der Unionskollege Volker Kauder, bei dem die Sitzung ruhig verlief, ist auch nicht gut auf die Finanzbarone zu sprechen. Das dürfe nicht sein, „dass die einfach so davonkommen, als wäre nichts geschehen“. Was ja auch Gregor Gysi findet, der dafür das Copyright in Anspruch nimmt: „Haben Sie doch einmal die kleine Ehrlichkeit zu sagen: Die Linke hatte hier mal recht!“

Nach dem Bundestag stimmte auch der Bundesrat zu – einstimmig, also auch mit den Stimmen der drei Stadtstaaten, wo Grüne und Linke in der Regierung sitzen. Staatstragend war der Ton in der Länderkammer, aber natürlich bekamen die Finanzmanager auch hier ihr Fett weg. Zufriedenheit schwang auch mit, denn ihren Bund-Länder-Kompromiss vom Vorabend empfanden die Beteiligten als ein gutes Zeichen dafür, dass der Föderalismus funktioniere. Dass es zu einem Ergebnis kam, galt nicht zuletzt als Verdienst des noch amtierenden hessischen Ministerpräsidenten Roland Kochs, der damit zum vorläufigen Abschied aus der ersten Reihe deutlich machen konnte, wo er auch künftig mitmischen will. Am Nachmittag unterzeichnet Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz. Jetzt kann die Auszahlung beginnen.

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