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Sie leitet die grüne Steuerkommission: Simone Peter.

© Mike Wolff

Finanzpolitik der Grünen: Immer Ärger mit den Steuern

Die Grünen wollen heute ein Finanzkonzept vorlegen, mit dem sie in den Wahlkampf gehen könnten. So soll der parteiinterne Streit endlich beigelegt werden.

Für viele war der Schuldige schnell ausgemacht, als die Grünen bei der Bundestagswahl im Herbst 2013 eine herbe Enttäuschung erlebten. Mit seinem Steuerwahlkampf habe Spitzenkandidat Jürgen Trittin dafür gesorgt, dass die Ökopartei auf 8,4 Prozent absackte, hieß es in der Partei. Nicht nur die Wähler seien von den steuerpolitischen Vorschlägen der Grünen überfordert gewesen, auch die eigenen Wahlkämpfer hätten nicht wirklich erklären können, was die Partei vorhat. Wenige Tage nach der Wahl zog Trittin die Konsequenzen und erklärte, dass er nicht wieder für den Fraktionsvorsitz kandidieren werde.

Welche Schlüsse aus dem verpatzten Wahlkampf 2013 zu ziehen sind, darüber geht die Meinung bei den Grünen seitdem auseinander. Während Vertreter des Realoflügels schnell forderten, das Steuerprogramm in Teilen über Bord zu kippen, machten linke Flügelleute deutlich, dass sie im Grundsatz daran festhalten wollen. Nicht die steuerpolitischen Forderungen an sich seien Schuld an dem schlechten Abschneiden gewesen, sie seien nur nicht ausreichend erklärt worden. Einig waren sich beide Seiten darin, dass man nicht noch einmal ein bis ins letzte Detail durchgerechnete Steuerprogramm vorlegen wolle. Um den Flügelstreit nicht eskalieren zu lassen, setzte die Parteiführung nach der Wahl eine Steuerkommission ein.

Unter Leitung von Parteichefin Simone Peter arbeiteten Finanzexperten der Grünen aus dem Bund und den Ländern in den vergangenen Monaten an einem Bericht, der an diesem Montag vorgelegt werden soll. Darin skizziert die Kommission, wie das Steuerkapitel im nächsten Wahlprogramm aussehen könnte. Defintiv darüber entscheiden soll ein Parteitag in diesem Herbst. Bei den konkreten Instrumenten ist die Kommission uneins. Deshalb haben die Finanzpolitiker verschiedene Varianten für den Parteitag vorgelegt. Beispiel Vermögensbesteuerung: Zwar gibt es Konsens darüber, dass sehr hohe Vermögen stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden sollen. Doch der linke Parteiflügel – angeführt von der Parteivorsitzenden Peter und Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter – macht sich für eine Vermögenssteuer stark.

Ihnen schwebt vor, eine Steuer in Höhe von einem Prozent auf Vermögen von mehr als einer Millionen Euro einzuführen. Führende Realos lehnen eine solche Steuer jedoch ab. Sie argumentieren, dass diese verwaltungsaufwändig und schwer umsetzbar sei – zum einen weil die politischen Partner dafür fehlen, aber auch weil es nahezu aussichtslos sei, eine verfassungskonforme Lösung hinzubekommen. Sie favorisieren deshalb eine Reform der Erbschaftsteuer, um für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen. Auch das Ehegattensplitting sorgt für Diskussionen: Hier schlägt die Kommission nach Informationen des Tagesspiegel drei Varianten vor: Die erste sieht vor, dass das Ehegattensplitting für Neuehen abgeschafft wird und es einen Bestandsschutz für bestehende Ehen gibt.

Trittin will immer noch die Vermögenssteuer

Die Befürworter dieser Variante argumentieren, dass man so Rücksicht nehmen könne auf Paare, die ihre Lebensplanung noch nach dem bestehenden Modell ausgerichtet hätten. Die zweite Variante sieht vor, dass das Ehegattensplitting für alle Paare abgeschmolzen wird – das entspricht dem Modell, mit dem die Grünen auch in die letzten Bundestagswahlen gezogen sind. Eine dritte Variante kombiniert beide Modelle: Für Neuehen wird das Splitting abgeschafft, für Bestandsehen wird es allmählich abgeschmolzen – dann womöglich langsamer als in der zweiten Variante.

Um im Gegenzug für Familien einen finanziellen Ausgleich zu schaffen, schlägt die Grünen-Kommission einen Ausbau der Kinderförderung vor. Auch hier gibt es zwei Varianten: Die eine sieht vor, dass der Kinderzuschlag ausgebaut wird und es eine bessere Förderung für Alleinerziehende gibt. Die Alternative dazu wäre die Einführung einer Kindergrundsicherung. Diese soll dann bei 306 Euro pro Monat liegen – das entspricht dem aktuellen Hartz-IV-Regelsatz für die 14-bis18-jährigen. Der Kommissionsbericht bietet den Grünen also wieder Stoff für Diskussionen. Ex-Spitzenkandidat Trittin hält an seiner Forderung nach einer Vermögensteuer fest.

Eine solche „Superreichensteuer“ ermögliche dringend benötigte Investitionen und betreffe nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nicht mal ein Prozent der Bevölkerung, schrieb er vor wenigen Tagen in einem Gastbeitrag für die „FAZ“. Auch die Ankündigung von Parteichef Cem Özdemir, die Grünen würden 2017 keinen Steuerwahlkampf führen, hält Trittin für falsch. Das herrschende Steuersystem befördere Umverteilung zu Lasten der Lohneinkommen und zugunsten der Kapitaleinkommen, also von unten nach oben, analysierte er – und kritisierte den „vorauseilenden Gehorsam“ gegenüber der Lobby der Unternehmensverbände.

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